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Komplexes regionales Schmerzsyndrom: Was ist eigentlich Morbus Sudeck?

Mann hält sich den schmerzenden Fuß
Wenn die Schmerzen nach einer Verletzung nicht zurückgehen, könnte die Ursache das Komplexe regionale Schmerzsyndrom (= Morbus Sudeck) sein. Besonders Füße und Hände sind davon betroffen. | Bild:  stockfotocz / Adobe Stock

Es trifft Patienten, die sich an einer Gliedmaße verletzen oder operieren lassen müssen: Wenn der Heilungsprozess eigentlich abgeschlossen sein sollte, nehmen die Schmerzen nicht ab, sondern zu. Das kann etwa nach einem Arm- oder Beinbruch der Fall sein, aber auch nach einer eher harmlosen Verstauchung oder Prellung. 

Bei ungefähr zwei bis fünf Prozent der Patienten, die eine Verletzung einer Extremität erleiden, tritt ein solches posttraumatisches Phänomen auf. Am häufigsten sind Menschen im Alter zwischen 40 und 60 Jahren betroffen – Frauen zwei- bis dreimal häufiger als Männer. 

Vom Morbus Sudeck zum CRPS

Diese Schmerzkrankheit hat viele Namen: Morbus Sudeck, Sympathische Reflexdystrophie, Algodystrophie. Heute wird sie meist als Komplexes regionales Schmerzsyndrom (engl. Complex Regional Pain Syndrom) – abgekürzt CRPS – bezeichnet. Der deutsche Chirurg Paul Sudeck (1866–1945) beschrieb erstmals die Symptomatik zu Anfang des 20. Jahrhunderts. 

Eine Krankheit – viele Gesichter

Das CRPS entwickelt sich nach einem Trauma meist in körperfernen Extremitätenabschnitten, also typischerweise an Händen oder Füßen. Die Schmerzen sind oft schon in Ruhe vorhanden und verstärken sich bei Belastung. 

Daneben finden sich weitere Symptome. So treten an den betroffenen Körperteilen Sensibilitätsstörungen und Schwellungen auf, die Hautfarbe kann sich verändern und die Hauttemperatur erhöht oder erniedrigt sein. Auch Brennen, Kribbeln, Taubheitsgefühle, Zittern oder Krämpfe sind möglich. Außerdem wachsen mitunter an der betroffenen Extremität die Nägel schneller und die Schweißbildung kann erhöht sein. 

Überdies wirkt sich die Erkrankung oft auch auf die Psyche aus, zum Beispiel in Form von Affektlabilität oder depressiven Verstimmungen. Die Gesamtsymptomatik variiert von Patient zu Patient. Sie kann sich aber auch im individuellen Krankheitsverlauf stark verändern. 

Vielfältige Therapiemaßnahmen bei Morbus Sudeck

Mit der Zeit nimmt die Kraft im betroffenen Körperteil ab. Beteiligte Gelenke können versteifen und die Bewegungsfähigkeit wird eingeschränkt – bis hin zu Lähmungserscheinungen. Unbehandelt drohen Funktionsverluste. Um dies zu verhindern, sollte so früh wie möglich eine Behandlung erfolgen. 

Die Therapie des CRPS besteht aus medikamentösen und nichtmedikamentösen Maßnahmen. Zu den eingesetzten Arzneimitteln zählen 

  • Bisphosphonate (z. B. Alendronat) und Steroide zur Reduktion der Entzündung, 
  • Gabapentin und Pregabalin gegen Nervenschmerzen 
  • sowie in schweren Fällen Ketamin. 

Daneben sind Physio- und Ergotherapie wichtig. 

Eine verhaltenstherapeutische Maßnahme ist die Spiegeltherapie. Hierbei bewegt der Patient die gesunde Extremität vor dem Spiegel. Dem Gehirn wird dabei vorgetäuscht, es handele sich um die erkrankte Extremität, die nun schmerzfrei bewegt werde. Das soll Veränderungen im Gehirn bewirken.

Zu 50 Prozent gute Prognose

Bei ungefähr der Hälfte der Patienten lassen sich die Schmerzen therapeutisch lindern und die Funktion des betroffenen Körperteils wiederherstellen. Allerdings bleibt diese Gliedmaße meist weniger belastbar. 

Wird der Morbus Sudeck zu spät oder falsch behandelt, kann das Krankheitsgeschehen chronifizieren. Aber auch psychische Faktoren können die Erholung erschweren. Quellen: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN); Deutsche Schmerzgesellschaft e.V.; https://www.sudeckselbsthilfe.de; https://crps-netzwerk.org 

Morbus Sudeck in Kürze

  • Morbus Sudeck = Komplexes regionales Schmerzsyndrom (CRPS), entwickelt sich bei 2 bis 5 Prozent der Patienten nach Verletzung einer Extremität (Bruch, Operation, Nervenverletzung etc.). Insbesondere Füße und Hände sind betroffen.
  • Tritt am häufigsten zwischen 40. und 60. Lebensjahr auf, Frauen sind häufiger betroffen als Männer. 
  • Charakteristisches Beschwerdebild: in betroffener Extremität anhaltende Schmerzen (durch Belastung verstärkt), Schwellung, Sensibilitätsstörungen; Überempfindlichkeit auf Berührungen, Hautveränderungen, verändertes Nagelwachstum, Kraftlosigkeit, Beweglichkeit eingeschränkt. 
  • Therapiemöglichkeiten: u. a. Bisphosphonate, Steroide, Gabapentin, Physiotherapie. 
  • Bei frühzeitigem Therapiebeginn circa 50-prozentige Aussicht auf Erholung. Chronifizierung und Funktionseinschränkung bei zu später Diagnose und psychischen Begleiterkrankungen möglich.