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AMK-Meldung: Estramon conti: Verwechslungsgefahr bei Pflaster und Trockenmittel-Pad

Beim Hormonpflaster Estramon conti® kann es offenbar zu erheblichen Verwechslungen kommen: Das beiliegende Trockenmittel ist nicht beschriftet und klebt ähnlich einem Pflaster auf der Haut. | Bild: Hexal AG

Öffnen Patientinnen das Verpackungs-Sachet von Estramon conti®, finden sie zwei Dinge: Zum einen enthält das Sachet ein transparentes wirkstoffhaltiges Pflaster, zum anderen ist an der Sachetinnenwand noch ein Trockenmittel-Pad aufgeklebt, das die Stabilität des Matrixpflasters gewähren soll. Allerdings bergen diese beiden Sachetinhalte wohl Verwechslungsgefahr, zumindest informiert die Arzneimittelkommission der Apotheker (AMK) aktuell über bei ihr eingegangene Meldungen zu Estramon conti®.

Was ist Estramon conti®?

Estramon conti® ist zugelassen bei Estrogenmangelsymptomen nach der Menopause. Die Menopause bezeichnet bei Frauen mit nachlassenden regelmäßigen Monatsblutungen den Zeitpunkt der letzten Periode, ab welchem für zwölf Monate keine weitere Blutung erfolgt. Die Fruchtbarkeit gilt dann als beendet. Estramon conti® darf somit erst zwölf Monate nach der letzten Periode verordnet werden. Estramon conti® kombiniert zwei Wirkstoffe, das Estrogen Estradiol und das Gestagen Norethisteron, und ist indiziert zur Hormonersatztherapie. Hexal, der pharmazeutische Hersteller hinter Estramon conti®, bietet das Präparat in zwei Stärken an: Estramon conti® 30/ 95 µg / 24h und Estramon conti® 40/ 130 µg / 24h.

Mangelnde Wirksamkeit und schlechte Klebekraft bei Estramon conti®

Seit 2013 haben die AMK insgesamt 34 Meldungen aus Apotheken zu Estramon conti® erreicht, in 18 Fällen bemängelten die Anwenderinnen die schlechte Klebekraft der „Pflaster“, in mindestens sieben Meldungen beklagten die Patientinnen eine mangelnde Wirksamkeit ihrer Hormonersatztherapie. In zwei Fällen gibt die AMK als gesichert an, dass die Anwenderinnen die estradiol- und norethisteronhaltigen Matrixpflaster mit dem an der Sachetinnenwand befestigten Trockenmittel-Pad verwechselten, eine Patientin reagierte auf das auf die Haut aufgeklebte Trockenmittel und zeigte persistierende Hautrötungen über drei Monate.

Wozu ein Trockenmittel-Pad?

Das Trockenmittel aus Polypropylen ist mittels Klebefolie an der Sachetinnenwand aufgebracht und gewährt durch seine feuchtigkeits- und sauerstoffabsorbierenden Eigenschaften die Stabilität des Wirkstoffpflasters.

Wie unterscheiden sich Hormonpflaster und Trockenmittel-Pad?

Die AMK informiert, dass sich das wirkstoffhaltige Hormonpflaster „lose“ im Sachet befindet, während das Trockenmittel-Pad an die Sachetinnenwand geklebt ist. Auch farblich unterscheiden sich die beiden Sachetinhalte. Das Pflaster ist transparent und laut AMK „nur schwer erkennbar“. Das Trockenmittel-Pad hingegen ist hautfarben und mit Klebefolie an der Sachetinnenwand befestigt. Was Pflaster und Pad gemeinsam haben: Beide sind nicht beschriftet.

Trockenmittel-Pad haftet ebenfalls auf der Haut

Nach Eingang von Meldungen zu Estramon conti® beauftragte die AMK das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker (ZL), sich die Estramon-conti®-Sachets genauer anzuschauen. Das ZL kam zu dem Ergebnis, dass sich die an der Sachetinnenwand aufgeklebten Trockenmittel-Pads samt Klebefolie erst vom Sachet lösen, wenn dieses vollständig geöffnet ist. Das ZL bestätigt jedoch die Klebekraft der Trockenmittel-Pads, auch wenn diese schwächer sei als die des Wirkstoffpflasters.

Informiert Hexal unzureichend?

Die AMK stört sich insbesondere daran, dass weder der Umkarton noch das Sachet auf das Trockenmittel hinweisen. Aus ihrer Sicht verhindert Hexal damit potenzielle Anwendungsfehler nur „unzureichend“, auch in der Gebrauchsinformation zu Estramon conti® fände sich lediglich ein „kurzer Hinweis“, bemängelt die AMK. So informiert der Beipackzettel zu Estramon conti® nur in einem Satz: „Hinweis: Das Trockenmittel an der Innenseite des Beutels dient nur zur Sicherstellung der Produktqualität und darf nicht auf die Haut aufgebracht werden.“

Hexal prüft neues Trockenmittel für Estramon conti®

Laut Aussagen der AMK hat Hexal mittlerweile auf die Verwechslungsfälle reagiert und warnt seit kurzem in einer beigelegten Broschüre davor, das Trockenmittel auf die Haut aufzubringen. Auch prüft das Unternehmen nach Auskünften der Arzneimittelkommission ein anderes Trockenmittel, die Stabilitätsuntersuchungen seien bereits erfolgreich beendet. Hexal plant noch in diesem Jahr das neue Trockenmittel einzusetzen. Allerdings bleibt so lange Estramon conti® mit den beschriebenen Verwechslungsgefahren auf dem Markt. Die Bestandsware ist haltbar bis mindestens Ende 2020. Entsprechend fordert die AMK die Apotheken auf, insbesondere bei Erstanwenderinnen von Estramon conti®, „auf die möglichen Risiken durch die unbeabsichtigte Anwendung des Trockenmittels vorsichtshalber hinzuweisen“. Beanstandungen hinsichtlich mangelnder Klebekraft der Pflaster sowie unerwünschter Hautreaktionen an der Klebestelle sollten stets kritisch bezüglich einer möglichen Verwechslung mit dem Trockenmittel hinterfragt werden.

Wie wird Estramon conti® korrekt angewendet?

Die Hormonpflaster gewähren eine kontinuierliche Versorgung der Patientin mit je einem Estrogen und Gestagen. Die Apothekenmitarbeiter können der Patientin empfehlen, das Pflaster an der hinteren Hüftregion anzubringen, da hier die Haut wenig Falten wirft. Keinesfalls darf Estramon conti® auf die Brüste oder in deren Nähe angebracht werden. Die Hautstelle sollte sauber, fettfrei, trocken und unverletzt sein. Die Patientin sollte möglichst die Klebeflächen nicht mit dem Finger berühren. Nach faltenfreiem Aufkleben ist es ratsam, das Pflaster circa eine Minute auf die Haut zu pressen, so dass dieses über die nächsten Tage gut haftet und sich auch beim Duschen oder Baden nicht löst. Der Pflasterwechsel erfolgt alle drei bis vier Tage. Löst sich das Pflaster vor dem eigentlichen Wechseltag, entfernt die Patientin das alte und klebt ein neues Pflaster. Der nächste Wechsel erfolgt am ursprünglichen Wechseltag des alten Pflasters, so dass das Behandlungsschema beibehalten bleibt.