Neue NRF-Vorschrift für Clonidinhydrochlorid-Lösung
Der alpha-2-Rezeptoragonist Clonidin hemmt die Aktivität des Sympathikus und sorgt dadurch für eine Senkung des Blutdrucks, der Herzfrequenz und des Herzzeitvolumens. Der Arzneistoff kommt daher bei allen Formen der Hypertonie zum Einsatz – bei Neugeborenen, Säuglingen und Kindern auch zur Therapie eines Opiat-bedingten Entzugssyndroms.
Rezepturarzneimittel werden besonders in der Kinderheilkunde benötigt, z. B. bei niedrig dosierten Kapseln oder flüssigen Zubereitungen. Clonidin zählt dabei zu den zehn am häufigsten eingesetzten Wirkstoffen, die im Jahr 2016 in Kinderkliniken in flüssigen Darreichungsformen verwendet wurden.
Neue Rezepturvorschrift für Clonidinhydrochlorid
Die bisher bekannten oralen Formulierungen sind aufgrund ihrer Zusammensetzung für Säuglinge meist ungeeignet, da sie häufig viskositätserhöhende Hilfsstoffe, Geschmackskorrigenzien und PHB-Ester zur Konservierung enthalten. Zudem sind sie oft zu hoch konzentriert. Eine Krankenhausapotheke hat beispielsweise eine Clonidinhydrochlorid-Suspension 0,1 mg/ml auf Basis von Zuckersirup hergestellt. Bekannt ist auch eine niedriger konzentrierte Lösung bestehend aus Catapresan® Ampullen 0,15 mg und konserviertem Zuckersirup.
Die Apotheke des Universitätsklinikums in Dresden hat daher eine Rezepturformel zur oralen Anwendung entwickelt, die auf eine komplexe Hilfsstoffzusammensetzung verzichtet und insbesondere zur Behandlung von Früh- und Neugeborenen eingesetzt werden kann. Diese Rezepturvorschrift wurde dem NRF zur Verfügung gestellt.
Neben dem Arzneistoff in der Konzentration von 0,01 mg/ml oder 0,02 mg/ml enthält die neue Vorschrift nur Hilfsstoffe zur Konservierung und Gereinigtes Wasser. Clonidinhydrochlorid ist als Rezeptursubstanz erhältlich und liegt als weißes, kristallines Pulver vor. Der Feststoff ist in Wasser mit 7,5% (bei 20 °C) ausreichend löslich, sodass wässrige Lösungen ohne Probleme hergestellt werden können.
100 ml Clonidinhydrochlorid-Lösung 0,02 mg/ml (NRF 10.8.) Herstellung aus der Rezeptursubstanz | |
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Clonidinhydrochlorid | 0,002 g |
Kaliumsorbat | 0,14 g |
Citronensäure | 0,07 g |
Gereinigtes Wasser | zu 99,9 g |
Zur Herstellung werden in einem mit Glasstab tarierten Becherglas der Wirkstoff und das Kaliumsorbat im Großteil des Gereinigten Wassers gelöst. Zur Inprozessprüfung empfiehlt es sich, die für Clonidinhydrochlorid benutzte Wägeunterlage zurückzuwiegen, der angezeigte Wert darf dabei nicht höher als 1% der Wirkstoffmasse betragen. Nach Zugabe der Citronensäure wird der Ansatz mit Gereinigtem Wasser ergänzt und verrührt, die erhaltene Lösung muss klar und farblos aussehen.
Die fertige Lösung hat wegen des kleinen Anteils an gelösten Stoffen die vom Gereinigten Wasser dominierte Dichte 0,999 g/ml. Der pH-Wert der Lösung beträgt durch den Einfluss der Citronensäure etwa pH 4,5.
Tipps zur Herstellung einer Clonidinhydrochlorid-Lösung
Aufgrund der Wasserlöslichkeit des Clonidinhydrochlorids ist die Herstellung der Lösung unproblematisch. Zur Konservierung der Zubereitung wird eine Kombination aus Kaliumsorbat und Citronensäure im Massenverhältnis 2:1 eingesetzt. Die Zugabe der Säure setzt aus dem Salz eine ausreichende Menge an antimikrobiell wirksamer Sorbinsäure frei.
Dabei ist darauf zu achten, dass die Citronensäure erst am Ende der Herstellung aufgelöst werden darf, ansonsten könnte durch zu frühe pH-Wert-Absenkung und lokale Übersättigung die schlecht wasserlösliche Sorbinsäure ausfallen.
Die eigentliche Herausforderung bei der Herstellung liegt im Abwiegen des Wirkstoffs im niedrigen einstelligen Milligramm-Bereich. Solche geringen Mengen können nicht ohne weiteres mit ausreichender Genauigkeit abgewogen werden.
Zur Erinnerung: Teilungswert d einer Waage
Der Teilungswert d einer Waage macht eine Aussage über die Ablesegenauigkeit und liegt bei handelsüblichen Rezepturwaagen meist bei d = 0,001 oder d = 0,0001.
Wird dieser Wert mit 100 multipliziert, erhält man die Minimaleinwaage einer Waage mit der für die Herstellung von Arzneimitteln geforderten Genauigkeit von 1%. Je nach vorhandener Waage liegt die Minimaleinwaage dann bei 0,1 g (100 mg) oder 0,01 g (10 mg).
Das Abwiegen von Clonidinhydrochlorid für obige Rezepturvorschrift ist daher nicht mit der ausreichenden Genauigkeit möglich.
Um die Einwaage an Clonidinhydrochlorid zu erhöhen, kann ein größeres Flüssigkeitsvolumen hergestellt werden, die überschüssige Lösung wird dann entweder verworfen oder als Defekturarzneimittel im Kühlschrank aufbewahrt.
Verwendung einer Stammlösung empfehlenswert
Am einfachsten wird zur Herstellung eine Stammlösung verwendet, unter der Vorschrift Clonidinhydrochlorid-Stammlösung 0,02% NRF S.55. ist ein entsprechender Vorschlag zu finden. Diese Stammlösung ist im Vergleich zur benötigten Clonidinhydrochlorid-Lösung 0,02 mg/ml zehnfach höher dosiert und es ergeben sich daraus glatte Solleinwaagen.
Durch Verwendung von Kaliumsorbat und Citronensäure ist die Stammlösung vor mikrobiellem Verderb geschützt. Bei Lagerung im Kühlschrank empfiehlt das NRF eine Verwendbarkeitsfrist von 3 Monaten. Bei der Herstellung der Clonidinhydrochlorid-Lösung muss die Masse an Kaliumsorbat und Citronensäure um die mit der Stammlösung bereits eingebrachten Mengen reduziert werden.
100 ml Clonidinhydrochlorid-Lösung 0,02 mg/ml (NRF 10.8.) Herstellung aus der Stammlösung | |
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Clonidinhydrochlorid-Stammlösung 0,02% (NRF S.55.) | 10,0 g |
Kaliumsorbat | 0,126 g |
Citronensäure | 0,063 g |
Gereinigtes Wasser | zu 99,9 g |
Direkt nach der Herstellung wird die fertige Lösung in eine Braunglasflasche mit Kolbenpipette mit passendem Steckeinsatz gefüllt. In der Klinik ist die Zubereitung häufig nicht zum Einnehmen gedacht, sondern wird über eine Enteralsonde appliziert. Die Clonidinhydrochlorid-Lösung wird dann direkt in eine Enteralspritze mit Steckeinsatz abgefüllt.
Der chemische Abbau des Wirkstoffs nimmt mit höheren Temperaturen zu, die Lösung wird daher im Kühlschrank aufbewahrt. Bei Temperaturen von < 8 °C kann die Aufbrauchfrist bei Abgabe in der Glasflasche für 3 Monate festgesetzt werden.
Tipps zur Kennzeichnung einer Clonidinhydrochlorid-Lösung
Clonidinhydrochlorid wird bei Kindern nach Körpergewicht dosiert, pro Kilogramm werden dabei zwischen 3 und 10 µg Wirkstoff pro Tag in mehreren Einzeldosen angewendet. Um versehentliche Überdosierungen durch Rechenfehler zu verhindern, soll daher bei der Kennzeichnung der Zubereitung neben der Bezeichnung der Lösung nach mg/ml auch die pro Milliliter enthaltene Menge an Clonidinhydrochlorid in µg angegeben werden. Ein Milliliter einer Clonidinhydrochlorid-Lösung 0,02 mg/ml enthält dabei 20 µg Wirkstoff. Quellen:
DAC/NRF-Rezepturhinweis Clonidinhydrochlorid (20.06.2022)
Clonidinhydrochlorid-Lösung 0,01 mg/ml / 0,02 mg/ml (NRF 10.8.)
https://www.adka.de/index.php?eID=dumpFile&t=f&f=2668&token=55e2abd2e0b2b6c10b967c1c91df38148783f342