Rezeptur
Praxiswissen
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Herstellung niedrig dosierter Atropinsulfat-Augentropfen

Augentropfenflaschen auf Holzunterlage, im Hintergrund Teddybär
Atropinsulfat-Augentropfen 0,01% kommen bei Kurzsichtigkeit von Kindern zum Einsatz. Doch gibt es für deren Herstellung bislang keine standardisierte Vorschrift. | Bild: Davizro Photography / AdobeStock

Kurzsichtigkeit bei Kindern

Meistens tritt eine Myopie bei Kindern erstmals zwischen dem 8. und 15. Lebensjahr auf. Je früher diese Veränderung der Sehfähigkeit beginnt, desto höher sind normalerweise die erreichten Werte im Erwachsenenalter. Eine einmal bestehende Kurzsichtigkeit kann nicht mehr umgekehrt werden, jedoch kann das Fortschreiten im Kindesalter verlangsamt werden. 

Kinder, die sich jeden Tag längere Zeit im Freien aufhalten, werden deutlich weniger kurzsichtig. Neben dieser einfach umzusetzenden Möglichkeit können auch 0,01-prozentige Atropinsulfat-Augentropfen eine beginnende Fehlsichtigkeit effektiv aufhalten. Dazu ist allerdings eine regelmäßige Anwendung meist über mehrere Jahre nötig. 

Für hohe Konzentrationen geprüfte NRF-Vorschrift

Die üblicherweise verwendeten Konzentrationsstufen im Bereich 0,5 bis 2% werden unter anderem bei schielenden Kindern zur Ruhigstellung eines Auges verwendet. Bei Bedarf kann die rezepturmäßige Herstellung in der Apotheke in Anlehnung nach NRF-Vorschrift 15.2. erfolgen: Die benötigte Menge an Wirkstoff wird in Wasser für Injektionszwecke gelöst, eine Einstellung der Tonizität erfolgt dabei mit Borsäure. Das Isotonisierungsmittel Borsäure beeinflusst auch den pH-Wert: Dieser liegt bei den fertigen Augentropfen im Bereich pH 4,5 und 5. Bei der Applikation am Auge kann es daher häufig zu Irritationen kommen. Zusätzlich enthalten die Atropinsulfat-Augentropfen zur Konservierung noch Thiomersal in 0,002-prozentiger Konzentration. 

Andere Herstellung bei niedrigen Dosierungen

Für Atropinsulfat-Augentropfen 0,01% gibt es bisher keine standardisierte Herstellungsvorschrift. Eine Zubereitung in Anlehnung an NRF 15.2. kann aber nicht empfohlen werden, da die darin enthaltene Borsäure aufgrund toxikologischer Bedenken zur häufigeren Anwendung bei Kindern kritisch gesehen wird. Schließlich gehört die Substanz zu den bedenklichen Stoffen zur Anwendung am Menschen und darf sowieso nur noch als Bestandteil in Augenarzneimitteln zur Isotonisierung und Pufferung eingesetzt werden. 

Verdünnung des Fertigarzneimittels

In Deutschland sind wässrige Augentropfen mit Atropinsulfat 0,5% als Fertigarzneimittel erhältlich. Diese sind mit Edetat-freier Benzalkoniumchlorid-Lösung konserviert. Um die gewünschte niedrige Konzentration von 0,01% Wirkstoff zu erhalten, kann das Fertigarzneimittel nach folgender Rezepturvorschrift verdünnt werden: 

  • Atropinsulfat-Augentropfen 0,5% 0,2 ml
  • Edetat-haltige Benzalkoniumchlorid-Stammlösung 0,1% (NRF S.18.) 0,49 g
  • Isotonische Natriumchlorid-Lösung zu 10,0 g

Dieser Vorschlag zur Verdünnung der Augentropfen kann im DAC/NRF-Rezepturhinweis „Atropin und Atropinsulfat“ gefunden werden und stammt von der Universitäts-Augenklinik Tübingen. Die fertige Lösung hat einen für das Auge nicht mehr reizfreien pH-Wert von 4,6; eine Korrektur auf Euhydrie würde aber die chemische Stabilität des Wirkstoffs ungünstig beeinflussen. Um trotzdem eine möglichst gute Verträglichkeit zu erreichen, ist die Edetat-haltige Benzalkoniumchlorid-Stammlösung nur zur Hälfte der sonst üblichen Menge enthalten. Die Aufbrauchsfrist der Zubereitung beträgt wie bei Augentropfen üblich 4 Wochen. 

Standardisierte Vorschrift geplant

Momentan wird vom NRF ein geprüfter Vorschlag zur Herstellung von Atropinsulfat-Augentropfen 0,01% mit Hilfe der Rezeptursubstanz angestrebt. Zur Isotonisierung käme dabei das gut verträgliche Natriumchlorid in einer Konzentration von 0,85% in Frage. Eine Konservierung würde wie schon bei der Verdünnung des Fertigarzneimittels mit Hilfe einer Edetat-haltigen Benzalkoniumchlorid-Stammlösung (NRF S.18.) in verringerter Konzentration erfolgen. Zur besseren Verträglichkeit der Augentropfen könnte der pH-Wert durch vorsichtige Zugabe von Trometamol leicht erhöht werden. Dabei muss aber immer noch eine ausreichende Stabilität des Wirkstoffs vorliegen. 

Frage aus der Rezeptur?

Sie hatten eine schwer oder gar nicht herstellbare Rezeptur? Die Inhaltsstoffe waren beispielsweise nicht kompatibel? Die Phasen haben sich getrennt oder Ähnliches? Dann schicken Sie uns gerne eine Kopie des Rezepts. Wir greifen interessante Rezepturthemen in unserer Rubrik „Fragen aus der Rezeptur“ auf. Die Anfragen werden von unserer erfahrenen Rezeptur-Expertin Dr. Annina Bergner oder einem anderen kompetenten Ansprechpartner bearbeitet. Hierfür wird Ihre Anfrage per E-Mail weitergeleitet. Ihre persönlichen Daten werden nach der Bearbeitung gelöscht. Bitte beachten Sie, dass wir keine akute Hilfestellung vor der Abgabe leisten können.

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