gut beraten: Krafttraining bei Teenagern: Besserals sein Ruf
Frau Müller erzählt in der Apotheke, dass ihr 16-jähriger Sohn jetzt auch noch damit angefangen habe, Krafttraining zu betreiben, und sich dafür im Fitness-Studio angemeldet habe. „Ist das denn nicht gefährlich für Heranwachsende?“, fragt sie besorgt. Sie befürchtet mögliche Schäden an den Knochen oder negative Auswirkungen auf das noch nicht abgeschlossene Wachstum ihres Sohnes. Prinzipiell kann Frau Müller beruhigt werden.
Positiver Einfluss auf den Körper
Was in der Vergangenheit kritisch diskutiert wurde – nämlich Krafttraining bei Heranwachsenden –, gilt heute als empfehlenswert undgesund, sofern es altersgerecht und richtigausgeführt wird. Während früher der Fokus zur Gesunderhaltung vor allem auf Ausdauersportarten lag, weiß man heute, dass der Kraftsport genauso dazugehört. Krafttraining verbessert unter anderem die Körperhaltung und Stabilität, steigert die Muskelkraft und die Ausdauer, stärkt neben Bändern, Sehnen, Knorpeln und Knochen auch das Immunsystem und die allgemeine Belastbarkeit. Zusätzlich fördert es Stressabbau und steigert das physische und psychische Wohlbefinden sowie das Selbstvertrauen.
Schon Kinder profitieren
Richtig angeleitet, verbessert Krafttraining nicht nur die Fitness und Gesundheit von Jugendlichen: Auch Kinder können bereits davon profitieren. Schon Zehnjährige können mit leichtem Krafttraining beginnen, sofern sie fachgerecht betreut werden. Das Zusammenspiel zwischen Nerven und Muskeln wird sogar umso effektiver trainiert, je jünger der oder die Trainierende ist. In der Vorpubertät wird etwa mit ein bis zwei wöchentlichen Trainingseinheiten zu 30 Minuten begonnen. Je Trainingseinheit werden sechs bis acht Übungen mit 15 bis 20 Wiederholungen empfohlen. Für ein effektives Training sollte das Kind eine Belastungsintensität von etwa sechs auf einer Skala von eins bis zehn anstreben.
Das Wichtigste in Kürze
- Krafttraining bei Jugendlichen gilt nach neueren Erkenntnissen als empfehlenswert und gesund.
- Es hilft unter anderem, die Muskeln aufzubauen, die Knochendichte zu erhöhen und das Risiko von Verletzungen bei anderen Sportarten zu reduzieren.
- Voraussetzung ist ein Trainingsprogramm, das von geschultem Personal angeleitet wird. Außerdem braucht der Körper genügend Erholungspausen.
- Nahrungsergänzungsmittel sind in der Regel nicht notwendig. Wichtiger ist eine sportgerechte Ernährung.
Im Studio richtig Gas geben
Mit vollem Einsatz im Fitness-Studio zu trainieren, wird ab etwa 15 Jahren empfohlen. Wichtig ist auch hier, die richtigen Techniken und Bewegungsabläufe zu erlernen. Wer mit Krafttraining neu beginnt, ist die Belastung – mit Fremdgewichten – erst einmal nicht gewöhnt und muss langsam herangeführt werden. So kann es sinnvoll sein, zunächst einmal pro Woche ergänzend zu einer anderen Sportart zu trainieren und dies langsam zu steigern. Generell werden ab der Pubertät zwei bis drei Krafttrainingseinheiten pro Woche zu je etwa 45 Minuten empfohlen. Pro Einheit führen jugendliche Kraftsportler acht bis zehn Übungen mit sechs bis 20 Wiederholungen durch.
Das Belastungsempfinden auf einer Skala von eins bis zehn soll bei sieben liegen. Generell gilt, dass zur Trainingssteigerung zunächst die Wiederholungszahl der Übungen und erst dann das Gewicht erhöht wird. Wichtig ist, die Bewegungen langsam bis moderat und kontinuierlich, also nicht ruckartig, auszuführen und richtig zu atmen – Pressatmung soll vermieden werden. Idealerweise wird Krafttraining mit Ausdauersportarten wie Schwimmen, Joggen oder Ähnlichem kombiniert. Außerdem braucht der Körper Erholungsphasen – denn gerade in diesen legt er an Muskelmasse zu.
Überlastung durch falsches Training
Eine Überlastung der Gelenke, Sehnen und Bänder droht nur dann, wenn zu häufig, zu intensiv oder falsch trainiert wird. Deshalb müssen Gewichte und Übungen sorgfältig abgestimmt sein. Es gibt keine Hinweise darauf, dass Krafttraining mit Gewichten das Wachstum vermindert. Auch die Angst vor Knochenschädigung scheint unbegründet zu sein. Vielmehr soll richtig ausgeübtes Krafttraining die Knochendichte erhöhen und dabei anderen Sportarten sogar überlegen sein. Auch eine Schädigung der Wachstumsfugen ist bei kontrollierter Belastung nicht zu befürchten. Knochenbrüche können zu Wachstumsverzögerungen führen, sie sind beim Krafttraining aber sehr selten. Auch die Wahrscheinlichkeit einer Überlastung der Sehnenansätze ist bei anderen Sportarten viel höher. Insgesamt ist die Verletzungsgefahr beim Krafttraining ohnehin geringer als zum Beispiel beim Handball, Fußball oder Biken. Die positiven Auswirkungen des Kraftsports auf den Körper scheinen sogar dazu zu führen, dass man sich bei anderen Sportarten seltener verletzt. Die größte Gefahr beim geht übrigens bei Jugendlichen eher von den Trainingsgeräten aus, etwa durch eingeklemmte Finger bei herabfallenden Gewichten.
Schmerzen nicht ignorieren
Wenn bei bestimmten Übungen Schmerzen oder Gelenkprobleme auftreten, sollten diese zunächst vom Trainingsplan gestrichen werden, bis die Ursache geklärt und gegebenenfalls beseitigt ist. Schmerzen sind ein Signal des Körpers und sollten nicht ignoriert werden! Vielleicht wurde eine Bewegung falsch ausgeführt oder das Gewicht war zu hoch. Auch sollte man sich beim Krafttraining nicht zu sehr unter Druck setzen. Ein gewisses Maß an Disziplin, Ehrgeiz und Durchhaltevermögen ist natürlich erforderlich, der Spaß soll aber nicht ausbleiben.
Unnötige Supplemente
Wer viel Sport treibt und Muskeln aufbaut, benötigt mehr Energie und Eiweiß. Um die Leistungsfähigkeit zu steigern und den Muskelaufbau zu unterstützen, werden über das Internet und auch in Sportstudios zahlreiche Supplemente, wie Eiweiß-Shakes oder Vitamin- und Mineralstoffpräparate, vertrieben. Sie sind in der Regel überflüssig, meist überteuert und unter Umständen sogar ungesund und gefährlich. Im günstigeren Fall besteht nur das Risiko einer möglichen Überdosierung bestimmter Nährstoffe. Doch vor allem bei Präparaten, die über dubiose Kanäle bestellt werden, kann nicht ausgeschlossen werden, dass diese unzulässige Substanzen enthalten, da sie oft keiner Kontrolle unterliegen. Werden etwa intensiver Muskelaufbau und eine deutliche Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit versprochen, sollte man misstrauisch werden: Solche Produkte könnten zum Beipiel nicht deklarierte Anabolika enthalten.
Finger weg von Anabolika
Wie erkläre ich es meinen Kunden?
- „Machen Sie sich keine Sorgen. Richtig ausgeübt und angeleitet, gilt Kraftsport heute auch für Jugendliche als empfehlenswert und gesundheitsfördernd.“
- „Wichtig ist, dass Ihre Tochter moderat trainiert und es nicht übertreibt. Die Bewegungen sollen sauber ausgeführt werden und nicht ruckartig. Unter Schmerzen zu trainieren, ist ein No-Go. Außerdem braucht der Körper auch Ruhephasen. Vielleicht hilft es, ihr zu erklären, dass gerade während dieser Erholungspausen Muskelmasse aufgebaut wird.“
- „Erklären Sie Ihrem Sohn, dass Supplemente wie Eiweiß-Shakes oder Vitamin- und Mineralstoffpräparate meist nicht notwendig sind. Sie können sogar gefährlich sein, vor allem wenn sie aus dem Internet bestellt werden. Vielleicht lässt er sich stattdessen für das Thema sportgerechte Ernährung begeistern?“
Die Food-first-Strategie
Statt Supplementen empfehlen Fachkreise den sogenannten Food-first-Ansatz. Das bedeutet, dass die aktuelle Ernährung mit geeigneten Nahrungsmitteln in bedarfsgerechten Mengen und zum richtigen Zeitpunkt optimiert wird. Zu wichtigen Bestandteilen dieser sportgerechten Basiskost zählen Gemüse, Obst, Getreide, Milchprodukte, Fleisch, Fisch, Hülsenfrüchte, Nüsse und hochwertige pflanzliche Öle sowie Wasser und ungesüßte Tees als Getränke. Der Proteinbedarf ist bei Jugendlichen, die noch im Wachstum und Aufbau sind, generell erhöht. Die empfohlene Proteinzufuhr für junge Sportlerinnen und Sportler liegt bei etwa 1,0 bis 1,2 g pro kg Körpergewicht. Noch wichtiger als die Menge soll aber die Verteilung der Proteine über den Tag sein. Drei bis fünf tägliche Proteinportionen gelten als optimal, um den Muskelaufbau und Regenerationsprozesse zu fördern. Gute Eiweißlieferanten sind beispielsweise Fleisch, Fisch, Quark und Eier.
Je länger oder intensiver trainiert wird, desto höher ist auch der Kohlenhydratbedarf. Die regelmäßige Zufuhr von Kohlenhydraten – am besten in komplexer Form – ist bei Kindern und Jugendlichen besonders wichtig, weil die Glykogenspeicher kleiner sind als beim Erwachsenen. Nach längerem Training mit größerer körperlicher Anstrengung werden die Glykogenspeicher am besten direkt nach dem Training wieder aufgefüllt. Kohlenhydratreiche Snacks oder eine ausgewogene Mahlzeit sind geeignet. Lebenswichtige Fette versorgen den Körper mit essenziellen Fettsäuren und sind zur Aufnahme fettlöslicher Vitamine unverzichtbar. Hochwertige Fette liefern zum Beispiel Raps- oder Olivenöl, Nüsse und fettreiche Fische wie Lachs.
Seit einigen Jahren liegen pflanzliche Alternativen zur Kuhmilch im Trend. Da Kuhmilch eine wichtige Calciumquelle ist, muss daher darauf geachtet werden, den Calciumbedarf zu decken, wenn auf sie verzichtet wird oder die pflanzliche Alternative nicht mit Calcium angereichert wurde. Calcium ist unter anderem in grünen Gemüsesorten, Mandeln oder Sesam enthalten. Für die Sauerstoffversorgung und damit für die sportliche Leistungsfähigkeit ist ferner Eisen wichtig. Die Eisenzufuhr kann vor allem bei vegetarischer oder veganer Ernährung reduziert sein. Auch ein Vitamin-D-Mangel kann die sportlichen Leistungen beeinträchtigen. Ein Mangelrisiko liegt etwa bei rein veganer Ernährung vor oder bei Personen, die sich nur wenig im Freien aufhalten. Wer das Gefühl hat, nicht ausreichend mit Nährstoffen versorgt zu sein, weil der Körper schnell ermüdet oder sehr viel Zeit zur Regeneration braucht, sollte einen Arzt aufsuchen. Dieser kann testen, ob etwas fehlt, und, falls nötig, gezielte Empfehlungen aussprechen.
Trinken nicht vergessen
Vor, während oder nach dem Training müssen durch das Schwitzen bedingte Flüssigkeits- und Mineralstoffverluste ausgeglichen werden. Als Faustregel gilt aber, dass unter 45 Minuten sportlicher Aktivität keine isotonischen Getränke benötigt werden. (Mineralstoffreiches) Wasser oder Tee sind vollkommen ausreichend. Wird dagegen länger trainiert oder schwitzt man zum Beispiel wegen sommerlicher Temperaturen zusätzlich, können isotonische Getränke sinnvoll sein. Sie enthalten meist Natrium und Glucose, was für eine schnelle Magenpassage und eine rasche Resorption der Flüssigkeit im Dünndarm sorgen soll. Ein annähernd isotonisches Getränk lässt sich übrigens leicht selber herstellen, indem man zum Beispiel Orangen- oder Apfelsaft im Verhältnis 1:2 mit Wasser mischt und dem Ganzen eine Prise Salz zufügt. •