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für mich: Ernährung: Bunt soll es sein

Die sieben Farben des Regenbogens sind immer in der gleichen Reihenfolge von oben nach unten angeordnet: rot, orange, gelb, grün, blau, indigo und violett. Diese strenge Reihenfolge muss man beim Ernährungskonzept „Eat the rainbow” allerdings nicht einhalten. Eat the rainbow steht in erster Linie dafür, dass man so bunt essen sollte, wie es der Regenbogen ist.

Die DGE empfiehlt, Buntes zu essen

Auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hebt in den aktuellen lebensmittelbezogenen Ernährungsempfehlungen von 2024 mit dem überarbeiteten Ernährungskreis hervor, dass „eine gesunde und umweltschonende Ernährung“ zu mehr als drei Vierteln aus pflanzlichen Lebensmitteln und zu knapp einem Viertel aus tierischen Lebensmitteln bestehen sollte. Die DGE verwendet zwar nicht den Begriff Regenbogenfarben, drückt dies jedoch in der Empfehlung „bunt und gesund essen“ aus. Hülsenfrüchte, Nüsse, Samen, Vollkornprodukte, Gemüse und Obst sollen in ihren vielfältigen Formen in größerer Menge konsumiert werden, als bisher empfohlen wurde.

Vegetarisch muss nicht nur grün sein

Das Eat-the-rainbow-Konzept findet sich insbesondere in vegetarischen und veganen Gerichten sowie farbenfrohen Mixgetränken wieder, die in Kochbüchern, Blogs und Videos schmackhaft vorgestellt werden. In der Praxis sollen an einem Tag alle Farben des Regenbogens verzehrt werden. Um das Farbspektrum und damit die Lebensmittelauswahl noch zu erweitern, werden weiß, braun und schwarz zum „Eat the rainbow“ hinzugezählt. Die Farben werden über den Tag verteilt gegessen, beispielsweise zum Frühstück die roten und lila Beeren gemeinsam im Müsli mit Haferflocken und Samen, mittags ein grüner Blattsalat zum Spargelgericht, als Zwischenmahlzeit ein paar Nüsse oder ein frischer Obstsalat und zum Abendessen eine dicke Tomatensuppe mit gelber Linsen-Bolognese und grünen Basilikumblättern dekoriert. Auch der Einkauf soll sich an den Farben orientieren und ermuntern, Gemüse und Obst – so bunt, wie es die Saison und Region zulässt – mitzunehmen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Ernährungskonzept „Eat the rainbow” besagt, dass man täglich pflanzliche Lebensmittel in allen Farben des Regenbogens essen sollte, um sich möglichst vielfältig zu ernähren.
  • Auch die DGE empfiehlt seit diesem Jahr, mehr pflanzliche Nahrung als bisher zu verzehren, und drückt dies mit der Empfehlung „bunt und gesund essen“ aus.

Vitamine, Ballaststoffe & Co.

Pflanzliche Lebensmittel liefern wichtige Nährstoffe wie Wasser, Kohlenhydrate, Ballaststoffe, Vitamine, Mineralstoffe, Eiweiße und Fette sowie sekundäre Pflanzenstoffe. Die sekundären Pflanzenstoffe gehören nicht zu den essenziellen Nährstoffen, werden aber aufgrund ihrer positiven Wirkungen auf den menschlichen Körper zu den gesundheitsfördernden Substanzen gezählt. Es handelt sich um verschiedene Substanzen, die in geringer Konzentration nur in pflanzlichen Lebensmitteln vorkommen. Für die Pflanzen sind sie wichtige Wachstumsregulatoren und dienen als Abwehrstoffe gegen Fressfeinde. In der Lebensmittelforschung werden sie oft als Farb-, Duft- und Geschmacksstoffe identifiziert. Forscher gehen davon aus, dass es circa 100.000 verschiedene Stoffe gibt und über die Nahrung bis zu 10.000 davon aufgenommen werden können. Mit einer gemischten Kost liegt ihre Zufuhr bei etwa 1,5 g pro Tag. Vegetarier und Veganer nehmen über ihre Ernährung sogar mehr sekundäre Pflanzenstoffe auf. Da die Bioverfügbarkeit der sekundären Pflanzenstoffe sehr unterschiedlich ist, wird empfohlen, die pflanzlichen Lebensmittel in verschiedenen Zubereitungsformen zu verzehren. Nicht immer ist die rohe Form die beste Quelle. Auch Hitzeeinwirkung und Zerkleinerung können die Freisetzung aus der Nahrung und damit die Aufnahme in den menschlichen Stoffwechsel verbessern.

Sekundäre Pflanzenstoffe können antibiotisch, antimikrobiell, antikanzerogen, immunmodulierend, entzündungshemmend, blutzuckerregulierend, verdauungsfördernd sowie blutdruck- und cholesterinsenkend wirken. Assoziationen bestimmter Stoffe mit geringeren Risiken für manche Tumorerkrankungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Gefäßveränderungen werden zwar diskutiert und erforscht, trotzdem ersetzen sie bei schweren Erkrankungen natürlich keine Arzneimittel. Doch sie sollen präventiv und unterstützend auf das Immunsystem und andere Funktionen des Körpers einwirken.

Orange und rote Farbstoffe

Das Betacarotin ist sicherlich die bekannteste Carotinoidverbindung und kommt als gelb-oranger Farbstoff in vielen Obst- und Gemüsesorten vor. In grünem Gemüse wird er von Chlorophyll überdeckt. Die Bioverfügbarkeit ist am besten, wenn das Gemüse klein geschnitten, geraspelt oder zu Saft verarbeitet und zusätzlich mit etwas Fett verzehrt wird, zum Beispiel Karottensalat mit etwas Rapsöl. Tomaten enthalten den roten Farbstoff Lycopin. Er wird besonders gut aufgenommen, wenn die Tomaten zu Saft, Soße, Suppe oder Mark verarbeitet werden.

Flavonoide und Phenolsäuren

Flavonoide und Phenolsäuren zählen zur Gruppe der Polyphenole. Hellgelbe, blaue, violette und rote Pflanzen sowie Nüsse, Getreideprodukte, Tee und Kaffee sind reich an diesen sekundären Pflanzenstoffen. Wahrscheinlich wirkt sich die gemeinsame Aufnahme mehrerer polyphenolhaltiger Pflanzen mit etwas Fett positiv auf ihre Bioverfügbarkeit aus, zum Beispiel ein Rotkrautgemüse, das mit in Rapsöl angedünsteten Zwiebeln, frischen Äpfeln und etwas Rotwein verfeinert wird.
Farben nach „Eat the rainbow“
Farben
Beispiele für pflanzliche Lebensmittel
rot
rote Linsen, Kidneybohnen, Rote Bete, Paprika, Tomate, Radieschen, Rhabarber, Chilischote, Kirsche, Apfel, Erdbeere, Himbeere, Wassermelone, Grapefruit, Granatapfel, Hagebutte, Cranberry
orange
Kürbis, Süßkartoffel, Karotte, Paprika, Kurkuma, Orange, Papaya, Mandarine, Pfirsich, Aprikose, Nektarine, Physalis, Melone
gelb
gelbe Linsen, Kichererbsen, Bohne, Zwiebel, Lauch, Karotte, Paprika, Zucchini, Mais, Apfel, Birne, Zitrone, Ananas, Mango, Melone, Sesamsamen
grün
Grüne Erbsen, Kräuter, Blattsalate, Rucola, Kresse, Zucchini, Gurke, Bohne, Brokkoli, Rosenkohl, Grünkohl, Grüner Spargel, Stangensellerie, Paprika, Spinat, Mangold, Pak Choi, Frühlingszwiebel, Lauch, Artischocke, Birne, Apfel, Kiwi, Weintraube, Limette, Stachelbeere, Melone, Avocado, Olive, Kürbiskerne
blau,
indigo,
violett
Zwiebel, Radicchio, Salat, Rotkohl, Aubergine, Karotte, Mangold, Blumenkohl, Zwetschge, Heidelbeere, Brombeere, Weintraube, Feige, Holunderbeere, Olive
weiß
Weiße Bohnen, Haferflocken, Kartoffel, Spargel, Fenchel, Rettich, Sellerie, Blumenkohl, Pilze, Kohlrabi, Weißkohl, Sauerkraut, Pastinake, Knoblauch, Zwiebel, Ingwer, Banane, Weißer Pfirsich, Kokosnuss, Sonnenblumenkerne
braun
Pilze, braune Linsen, Getreide, Datteln, Rosinen, Leinsamen
schwarz
schwarze Linsen, Vanilleschoten, Chiasamen, Mohn

Nicht auf Gewürze verzichten

Für den typischen Geruch und Geschmack in Kohlgemüse, Senf und Kresse sind Glucosinolate zuständig. Erst durch eine Zubereitung wie Kleinschneiden und leichtes Erhitzen können sie ihre Wirkung entfalten. Der Gelbe Senf passt als wichtiges Gewürz in fast jedes Salatdressing. Im Winter kann die grünfarbene Kresse, in einem Topf auf dem Fensterbrett gezogen, einen Blattsalat oder ein Quarkbrot aromatisch bereichern. Durch Auslaugen beim Kochen oder sehr starke Hitze werden die Glucosinolate allerdings zerstört. Die leicht flüchtigen Monoterpene kommen insbesondere in den gelben Zitrusfrüchten und vielen Gewürzen vor, zum Beispiel enthalten Pfefferminzblätter Menthol und Cineol. Kümmel – kurz vor der Verwendung leicht zerstoßen – ist beispielsweise ein geschmacksintensives und krampflösendes Gewürz, das zu schweren Speisen wie Sauerkraut, Frikadellen, Brot, Backkartoffeln und Käse passt.

Estrogen- und Cholesterinblocker

Phytoestrogene sind pflanzliche Stoffe, die auf Estrogenrezeptoren im menschlichen Körper wirken. Sie kommen insbesondere in Sojabohnen, Hülsenfrüchten und Leinsamen vor. Neben möglicher protektiver Wirkungen auf Tumor- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen wird auch der Einfluss auf klimakterische Beschwerden und die Knochendichte diskutiert. Pflanzensamen wie Sonnenblumenkerne, Lein- und Sesamsamen sowie Nüsse und bunte Hülsenfrüchte sind reich an Phytosterinen. Sie hemmen im Darm die Aufnahme von Cholesterin. Ein paar knackige Samen und leckere Nüsse bereichern Getreidemüsli, Obst- oder Blattsalat.

Für den richtigen Geschmack

Saponine sind Bitterstoffe, die in Hülsenfrüchten, Spargel, Spinat sowie grünen Bohnen und auch in gekeimten Linsen und Kichererbsen enthalten sind. Beim Kochen in Wasser bildet sich aus den Lebensmitteln ein ungiftiger Schaum (lat. sapo = Seife). Es bietet sich daher an, das Kochwasser für passende Speisen weiterzuverwenden. Als schwefelhaltige Aroma- und Duftstoffe kommen die Sulfide besonders in Lauchgewächsen wie Knoblauch, Zwiebeln, Porree und Schnittlauch vor. Die Sulfide werden erst durch das Kleinschneiden freigesetzt. Die Lauchgewächse verleihen vielen Salaten, Dressings und Suppen einen leicht scharfen Geschmack.

Wie erkläre ich es meinen Kunden?

  • „Für eine gesunde Ernährung nach dem Eat-the-rainbow-Konzept achten Sie darauf, dass Sie über den Tag verteilt alle Farben zu sich nehmen. Bis zum Abend sollten in jeder Ihrer Mahlzeiten ein paar Farben vorkommen.“
  • „Versuchen Sie, Gemüse und Obst saisonal und regional auszuwählen. Dann ist der Gehalt an Vitaminen und sekundären Pflanzenstoffen am höchsten.“

Auch für Kinder ein Spaß

Das Eat-the-rainbow-Konzept unterstützt die Ernährungstherapie bildlich und inhaltlich, indem es die Farben des Regenbogens nutzt. Vor allem Kinder können so spielerisch eine gesunde Ernährung erlernen: Zum Beispiel können sie einen Regenbogen malen und den Farben ihr liebstes Gemüse und Obst zuordnen. Es ist besonders praktisch, wenn die Kinder dabei gleich mehr über Geschmack, Regionalität und gesunde Inhaltsstoffe der pflanzlichen Lebensmittel erfahren.  •

Dr. oec. troph. Silke Bauer

Fachjournalistin,

Ernährungswissenschaftliche Beratung und Schulung

Gengenbach

autor@ptaheute.de