Aktuelles
4 min merken gemerkt Artikel drucken

Leben retten – so selbstverständlich wie Fahrrad fahren

Die WHO fordert seit 2015 den Unterricht in Wiederbelebung ab der 7. Klasse. Nun rückt die Petition zur „Bundesweit verpflichtenden Einführung von Unterricht in Wiederbelebung spätestens ab der 7. Klasse“ das Thema nochmal stärker in den Fokus. | Bild: Rymden / AdobeStock

Wenn Leben retten so selbstverständlich ist wie Fahrrad fahren, dann haben Dr. Carola Holzner und Professor Bernd Böttiger ihr Ziel erreicht. Mit einer aktuellen Kampagne wollen die Notärztin aus Duisburg und der Vorsitzende des Deutschen Rates für Wiederbelebung (GRC) den Wiederbelebungsunterricht in Schulen etablieren. „Jetzt, kurz vor der Bundestagswahl, wollen wir ein Zeichen setzen und endlich das Versprechen eingelöst sehen, dass jedes Kind spätestens ab der siebten Klasse in Wiederbelebung unterrichtet wird!“, so Böttiger in einer Pressemitteilung der DIVI (Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin e.V.).

Ich rette dein Leben – Rettest du meins?

Unter dem Hashtag #ichrettedeinleben werben derzeit mehr als 40 Blogger und Influencer – darunter Ärzte, Pflegekräfte, Notfallsanitäter und Ersthelfer – für das Thema. Die Motive der Kampagne setzen sich aus je einem professionellen Helfer und einem Schüler zusammen. Dabei fragt der Profi den Laien: „Ich rette dein Leben – Rettest du meins?“ Verbunden ist die Kampagne mit einer Petition zur „Bundesweit verpflichtenden Einführung von Unterricht in Wiederbelebung spätestens ab der 7. Klasse“. Zwar ist das Quorum von 50. 000 Unterschriften aktuell noch nicht erreicht (aktuell 40.731 Unterstützer, Stand 23.09.2021), jedoch verbleiben für die Teilnahme noch 47 Tage. Hier geht’s zur Petition.

Hintergrund

Jährlich versterben in Deutschland mehr als 70.000 Menschen an plötzlichem Herz-Kreislauf-Stillstand. Nach Ansicht von Professor Böttiger könnten durch die konsequente Anwendung von Wiederbelebungsmaßnahmen jedoch mindestens 10.000 Menschen zusätzlich pro Jahr gerettet werden. Deshalb plädiert er, gemeinsam mit Notärztin Dr. Carola Holzner, für die Einführung eines Wiederbelebungs-Unterrichts. Dies deckt sich mit der Empfehlung der WHO, welche sich bereits seit 2015 für einen Unterricht in Wiederbelebung ab der 7. Klasse ausspricht.

„In Dänemark wurde im Jahr 2005 der Wiederbelebungs-Unterricht gesetzlich festgeschrieben. Die Kinder haben keine Angst zu helfen, tragen das Thema in die Familien und weiter in die Gesellschaft. Es funktioniert!“, so Dr. Carola Holzner alias Doc Caro. „Seither hat sich die Überlebensrate bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand bei unseren nördlichen Nachbarn verdreifacht.“

Zur Erinnerung: Was bei Herzstillstand zu tun ist

Prüfen – Rufen – Drücken, nach dieser Faustformel sollten Laien im Notfall vorgehen. Das bedeutet, dass zuerst überprüft werden soll, ob die kollabierte Person bewusstlos ist. Dazu spricht man sie an, rüttelt an ihr und prüft die Atmung. Im nächsten Schritt wird der Notruf (112) abgesetzt. Sobald der Rettungsdienst alarmiert wurde, wird bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand unverzüglich mit der Herzdruckmassage begonnen. Dies ist notwendig, da sich bei Erwachsenen zwar noch genügend Sauerstoff im Blut befindet, dieses aber durch den fehlenden Herzschlag nicht zum Gehirn gelangen kann. Bleibt die Sauerstoffversorgung des Gehirns für lediglich drei Minuten aus, kann dies zu irreparablen Schäden führen. Im Takt des Hits „Stayin‘ Alive“ (Bee Gees) wird daher mit gestreckten Armen das Brustbein circa 5 cm tief in Richtung Wirbelsäule gedrückt. Diese Herzdruckmassage führt man ohne Unterbrechung so lange durch, bis der Rettungsdienst eintrifft und die notfallmedizinische Versorgung übernimmt. Sind zwei Helfer vor Ort, kann einer der beiden sich in der Umgebung nach einem Defibrillator (AED, Automatisierter externer Defibrillator) umsehen, während der andere die Herzdruckmassage durchführt.
 

Übrigens: Eine Atemspende im Wechsel mit der Herzdruckmassage ist zwar sinnvoll, doch laut einer schwedischen Untersuchung aus 2019 zumindest in den ersten 10 Minuten nicht zwingend notwendig. Auch die Herzstiftung empfiehlt zur Vereinfachung der Laien-Reanimation die Herzdruckmassage ohne Atemspende.