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Quallen in der Ostsee – unliebsame Urlaubsbekanntschaft

Von den in Mitteleuropa vorkommenden Ohrenquallen (Aurelia aurita) geht in der Regel keine Lebensgefahr aus. | Bild: imago images / blickwinke

Ungewöhnlich viele Quallen in der Ostsee

Der milde Winter und dazu viel salzreiches Wasser, das aus der Nordsee und dem Kattegat in die südwestliche Ostsee geströmt ist, sorgen für ein gutes Quallenjahr. So erklärt Dr. Cornelia Jaspers vom Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel, warum derzeit so viele Ohrenquallen, eingeschleppte Rippenquallen und vereinzelte Feuerquallen in der Ostsee vorkommen. Die Forscherin nennt auch mögliche ökologische Auswirkungen: Die in Massen vorkommenden Quallen können zum Sauerstoffschwund des Wassers beitragen und zu Nahrungskonkurrenten für Fische werden.

Keine Angst vor Ohrenquallen!

Die Ohrenqualle (Aurelia aurita) kommt beinahe weltweit vor. Auch in Deutschland treffen Strandurlauber am häufigsten auf diese Quallenart. Sie kommt sogar mit den niedrigen Salzgehalten der Ostsee zurecht. Seit einigen Jahren neigt sie dort im Sommer zu Massenvermehrungen. In diesem Jahr ist dies früher geschehen als in anderen Jahren. Außerdem sind die Ohrenquallen aktuell besonders groß, wie Cornelia Jaspers betont. 
Die circa tellergroße Ohrenqualle ist gut an ihrer namensgebenden Zeichnung zu erkennen: den vier „Ohren“ (Ringen) im gallertigen, durchscheinenden Schirm. Hierbei handelt es sich um die Gonaden der Tiere. Mit ihren langen Tentakeln fängt die Ohrenqualle Kleinlebewesen. Für den Menschen ist sie ungefährlich.

Unliebsame Neulinge

Auch die Rippenqualle Mnemiopsis leidyi (Meerwalnuss) wird dem Menschen direkt nicht gefährlich. Die ursprünglich aus tropischen Gewässern stammende Art ist nur circa 10 Zentimeter groß und trägt Rippen. Steigt ihre Population in Nord- und Ostsee an, kann dadurch das Ökosystem gestört werden. Auch die aus dem Schwarzen Meer stammende Miniqualle Blackfordia virginica könnte sich in der Ostsee ausbreiten, da sie mit einem niedrigen Salzgehalt zurechtkommt. Bisher wurde die südosteuropäische Qualle sporadisch in der Kieler Bucht entdeckt. Auch diese Qualle könnte das ökologische Gleichgewicht stören; sie bedroht den Menschen aber nicht direkt.

Vorsicht Brandgefahr!

Eine Begegnung mit der Gelben Haarqualle (Cyanea capillata) – gemeinhin „Feuerqualle“ genannt – kann dagegen äußerst unangenehm verlaufen. Die gelb bis dunkelrot gefärbte, 15 bis 50 Zentimeter große Qualle wird durch Wind und Strömung aus der Nordsee in die Ostsee getrieben. An ihren bis zu mehrere Meter langen Tentakeln sitzen jede Menge Nesselzellen mit gifttragenden Nesselkapseln. Diese werden bei Berührung freigesetzt und injizieren Proteintoxine in die menschliche Haut. Nach solchen Stichen kommt es meist unmittelbar zu brennenden, striemenartigen Hautrötungen, seltener zu Quaddeln und Ödemen, vereinzelt zu systemischen Reaktionen wie Benommenheit und Übelkeit. Lebensgefahr besteht jedoch in der Regel nicht.

Was jetzt hilft

Nach Kontakt mit einer Feuerqualle ist folgendes Vorgehen richtig:

  • Zügig das Wasser verlassen und unnötige Bewegungen vermeiden.
  • Noch auf der Haut vorhandene Nesselkapseln entfernen. Dazu auf keinen Fall Süßwasser oder Alkohol verwenden, da dadurch weitere Nesselkapseln entleert werden. Auch die Verwendung von Essig ist – entgegen früherer Empfehlung – bei Stichen durch Feuerquallen nicht ratsam. Bewährt hat sich Backpulver (als Paste aufgetragen). Da dieses jedoch in der Regel nicht verfügbar ist, lautet die einfache Empfehlung: mit feinem Sand bestreuen und nach dem Antrocknen vorsichtig abschaben, zum Beispiel mit einer Kreditkarte.
  • Anschließend bei Bedarf Kühlkompressen auflegen und eventuell mit Antihistaminika- oder Kortison-haltigen Topika behandeln.
  • Bei großflächigen Vernesselungen Lokalanästhetikum-haltige Salbe auftragen.
  • Falls Kreislaufbeschwerden auftreten oder sehr große Quallenverbrennungen vorliegen, den Rettungsdienst alarmieren.

Möglichst Abstand halten

Am besten vermeidet man natürlich den Kontakt mit einer Feuerqualle. Folgende Vorsichtsmaßnahmen sind angebracht:

  • Bei Sichtung einer Qualle weiten Abstand halten. Ihre fast unsichtbaren Tentakel sind sehr lang. Außerdem treiben mitunter abgetrennte, noch nesselnde Tentakel im Wasser.
  • Im seichten Wasser lassen sich Quallen eventuell durch schlurfende oder stampfende Schritte vertreiben.
  • Auch leblos am Strand liegende Quallen nicht berühren. Ihre Nesselkapseln können noch aktiv sein.
  • Spezielle Sonnencremes sollen auf der Haut die Entladung von Nesselzellen verhindern (z. B. Care Plus® Sun Protection Outdoor & Sun, Safe Sea®).

Wo Lebensgefahr besteht

Von den in Mitteleuropa vorkommenden Quallen geht in der Regel keine Lebensgefahr aus. Anders sieht das zum Beispiel an den Küsten Australiens und im westlichen tropischen Pazifik aus. Hier ist mit der Würfelqualle (Seewespe, Chironex fleckeri) zu rechnen. Schwere Vernesselungen und auch Todesfälle infolge Herzrhythmusstörungen und Herz-Kreislauf-Versagen gehen auf ihr Konto. Die Würfelqualle zählt zu den gefährlichsten giftigen Meerestieren. Berüchtigt ist auch die Portugiesische Galeere (Physalia physalis). Sie kommt vor allem im tropischen Atlantik, aber auch bis zu den Hebriden, vor den Kanaren und vor Portugal vor. Bei auflandigem Wind kann sie an die Küsten getrieben werden. Quellen: D. Mebs: Gifttiere, WVG 2010; Berufsverband der Deutschen Dermatologen e.V. (BVD); Bundesarbeitsgemeinschaft Mehr Sicherheit für Kinder e.V.; www.tagesschau.de; www.ostsee.de