Zehn Jahre Rauchverbot in Kneipen – das hat sich geändert
Als 2007 das Rauchverbot in Gaststätten eingeführt wurde, gab es einen großen Aufschrei. Viele Kneipenbesitzer hatten Angst um ihre Existenz. Vor zehn Jahren, am 1. Juli 2008, machten dann mit Thüringen und Nordrhein-Westfalen die beiden letzten deutschen Bundesländer ernst mit neuen Gesetzen zum Rauchen in Gaststätten. Seitdem gibt es in den Ländern einen Flickenteppich von Regelungen. Sie reichen vom totalen Rauchverbot wie in Bayern über abgetrennte Raucherräume bis hin zu reinen Raucherkneipen für Gäste ab 18 Jahren wie in Berlin.
Die Einstellung zum Rauchen hat sich geändert
Auch wenn mancherorts immer noch geraucht werden darf: Der Nichtraucherschutz hat sich insgesamt deutlich verbessert. Aber hat das etwas gebracht – mit Blick auf Gesellschaft und Gesundheit?
Eine ganze Menge, findet Katrin Schaller vom Deutschen Krebsforschungszentrum. „In der Gesellschaft hat sich das Bild vom Raucher auch durch die Gesetze gewandelt“, ergänzt sie. „Raucher, das sind jetzt die, die in der Kneipe vor der Tür stehen müssen und am Bahnhof nur in die gelb markierten Kästchen dürfen.“ Die Normalität des Rauchens sei aus dem Blick, sagt Schaller. Auch am Arbeitsplatz oder in Filmen. In Umfragen finden heute bis zu 80 Prozent der 18- bis 25-Jährigen eine rauchfreie Umgebung gut.
Vor allem Jugendliche sagen Nein zur Zigarette
Auch die Raucher-Statistiken der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zeigen einen positiven Trend. „Wirklich durchschlagende Erfolge beobachten wir bei Teenagern“, sagt Michaela Goecke, Referentin für Suchtprävention. Rauchte vor 20 Jahren noch mehr als ein Viertel der 12- bis 17-Jährigen (28 Prozent), waren es nach den jüngsten Zahlen für 2016 nur noch 7,4 Prozent. „Das ist ein historischer Tiefstand. Und wir hoffen, dass es auch für die Zukunft in dieser Generation dabei bleibt“, ergänzt die Expertin. Bei jungen Leuten zwischen 18 und 25 hätten sich die Raucherquoten im Vergleich zu 1998 halbiert – auf jüngst 26 Prozent.
Hat diese Entwicklung mit den Gesetzen von 2008 zu tun? „Es gibt sicher nicht nur einen Grund, warum Jugendliche Rauchen zunehmend als uncool empfinden“, antwortet Goecke. Sie führt es auf die Kombination von Rauchverboten, Preiserhöhungen und der intensiven Aufklärung über die Risiken des Rauchens und Passivrauchens zurück – vor allem an Schulen. Doch auch bei den Älteren tut sich etwas. „Das Rauchverhalten hat sich in unserer Gesellschaft verändert - vor allem bei den Männern“, berichtet Goecke. Innerhalb der vergangenen 20 Jahre sei der Zigarettenkonsum bei ihnen um etwa fünf Prozent gesunken. Aktuell rauchten rund 30 Prozent der Männer bundesweit. Kaum Veränderungen gab es dagegen bei den Frauen – je nach Altersgruppe qualmen weiterhin zwischen 20 und 26 Prozent. Vielen fällt es schwer, wieder damit aufzuhören. Eine befürchtete Gewichtszunahme spielt dabei auch eine Rolle.
Sozial Schwache rauchen deutlich mehr
„Für die Zukunft gehen wir davon aus, dass sich das Rauchverhalten von Männern und Frauen weiter annähern wird“, sagt Goecke. Noch eines ist auffällig: Rauchen ist heute ein Phänomen der bildungsferneren und sozial schwächeren Schichten. Zeiten, in denen die qualmende Zigarette bei Intellektuellen und Akademikern dazu gehörte und auch ein Symbol für Emanzipation war, sind vorbei. Helmut Schmidt ist tot. Und doch gibt es neue Nischen beim Tabak, so sind etwa E-Zigaretten umstritten.
Und die Krebsstatistik? Rund 80 Prozent der Lungenkrebsfälle sind auf das Rauchen zurückzuführen, berichtet Katrin Schaller. Dazu kommen Tumoren im Hals- und Rachenraum, zum Beispiel in der Speiseröhre oder am Kehlkopf. Wegen der langen Latenzzeit von Krebs sei es noch zu früh, um sagen zu können, ob die Gesetze diese Krebsraten sinken lassen. Auch später lasse sich das sicher nicht als einzelner Grund dafür nachweisen.
Was sich aber beobachten lasse, sei die Auswirkung der Rauchfrei-Gesetze auf Herzinfarkte. Das Herz-Kreislauf-System erhole sich am schnellsten, wenn nicht mehr gequalmt wird – bei Rauchern und Passivrauchern, erläutert Schaller. In Bremen ließ sich in einer Studie nachweisen, dass die Zahl der Klinik-Einlieferungen wegen akuter Herzinfarkte in den Monaten nach dem Rauchverbot spürbar sank. Das deckt sich auch mit Untersuchungen aus dem Ausland. Quelle: dpa/ msw