50 Jahre Gesetz zum PTA-Beruf: Heute feiern wir uns: Happy Birthday, PTA!
Apotheker sollten in Labor und Rezeptur entlastet werden
Am 18.03.1968 trat das Gesetz zum PTA-Beruf in Kraft. Das – wie es damals genannt wurde – „mittlere Personal“ sollte die Apothekerschaft vor allem bei der Arbeit im Labor und in der Rezeptur entlasten. Und so war damals auch die Ausbildung im Wesentlichen aufgebaut. Schwerpunkt waren Galenik, Chemie, chemisch-pharmazeutische Analytik und die zugehörigen praktischen Übungen im Labor. Aber auch die Fächer Arzneimittelkunde, Medizinproduktekunde, Botanik und Gefahrstoff-, Pflanzenschutz und Umweltkunde waren bereits Inhalt der Ausbildungsordnung. Nach zwei Jahren PTA-Schule folgte – wie heute auch noch – ein halbjähriges Praktikum in der Apotheke. Dieses verbrachte man als frisch ausgebildete PTA dann in der Regel auch zum größten Teil im Labor und in der Rezeptur. Damals wurden große Mengen sogenannter STADA-Herstellungen wie Hustensäfte, Hustentees etc. in den Apotheken hergestellt. Auch Rezepturen waren in weit größerem Umfang üblich, als dies heute der Fall ist.
Die Ausbildung war sehr abwechslungsreich und wir lernten sogar noch solche Sachen wie Glasgeräte reparieren. Wir haben auch wirklich noch Urin mit Reagenzien verkocht: im Sommersemester im unklimatisierten Labor im Dachgeschoss! Mein Praktikum habe ich in der Apotheke absolviert, in der ich noch heute arbeite. Ich erinnere mich gut daran, wie begeistert ich war, dass bei meinem ersten Anruf dort im Hintergrund ein Drucker zu hören war (9-Nadeldrucker waren damals noch extrem laut). Wir hatten noch eine alte Registrierkasse, bei der man die Summe einhämmern und zum Öffnen einmal den seitlichen Schwunghebel rumwirbeln musste. Und wehe, man vergaß, das Loch-Kärtchen bei der Abgabe zu ziehen! Ich war in den ersten Jahren an mehreren Tagen der Woche für unser Labor und unsere Defekturen zuständig. Phenobarbital-Suppositorien für Säuglinge und Kleinkinder nach der Hunderter-Regel, zwei Kilogramm Ultraschallgel oder Jodtinktur nach DAB 6 zum Abfüllen in Spatelflaschen waren an der Tagesordnung. Die meisten der Rezepturen hatten wir im 1-2 Kilogrammmengen als Defektur auf Vorrat. Eine Rezeptur hatte von Hand gerührt in einer Viertelstunde fertig zu sein.“
Beratung im HV war überwiegend Apotheker-Sache
Das Gespräch mit dem Kunden ließen sich die Apotheker nicht nehmen. Nur sehr selten traf man eine PTA-Kollegin im HV. Mit ein Grund hierfür war sicher auch, dass bis Anfang der 80er-Jahre viele Präparate noch auf Kassenrezept verordnet werden konnten, die uns heute unvorstellbar erscheinen: Nasenspray, Hustensaft, Schmerzmittel oder Laxanzien. Erst, als 1983 die Erstattungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen für rezeptfreie Medikamente fiel, begann der Vormarsch der Selbstmedikation. Plötzlich war die Apotheke der erste Ansprechpartner bei banalen Beschwerden und es musste Verstärkung in der Beratung am HV her. Die PTA eroberten sich ihren Platz in der Beratung zu rezeptfreien und auch rezeptpflichtigen Arzneimitteln.
Als ich den Beruf ergriff, war dieser nur auf Apotheke, also naturwissenschaftlich und Umgang mit Menschen, gerichtet. Noch heute ist mir dieses alles sehr, sehr wichtig. Es gibt so viele schöne Erlebnisse mit Kunden oder Patienten im Berufsalltag, die man viel öfter hervorheben sollte. Zum Beispiel das Dankeschön für die freundliche / kompetente Beratung oder das zuhörende Ohr, welches der Arzt nicht mehr hat! Wir Menschen neigen leider dazu, uns häufig an das Negative zu erinnern und dies besonders hervor zu heben! Ich selbst kann sagen: Auch nach vielen Jahren bin ich immer noch gern PTA!"
1997 kam es aufgrund der veränderten Anforderungen und Aufgaben zur bislang einzigen Novellierung der PTA-Ausbildung. Diese brachte im Wesentlichen eine Erweiterung der Ausbildungsinhalte um „Apothekenpraxis“ und „Körperpflegekunde“ sowie die Einführung der sogenannten Famulatur, eines 160-Stunden-Praktikums, das schon während der zweijährigen Schulzeit absolviert werden muss. Bis heute hat sich trotz gravierender Veränderungen im Apothekenmarkt nichts an der Ausbildung geändert.
Quo vadis, PTA-Beruf?
Der Beruf der/des Pharmazeutisch-technischen Assistentin /Assistenten ist weiterhin attraktiv, denn es gibt eine Bandbreite an Aufgaben, der direkte Umgang mit Menschen und die damit verbundene Wertschätzung sind gute Argumente, den PTA-Beruf zu ergreifen. Doch es gibt leider auch gewaltige Unterschiede, sowohl was die Ausbildung an den PTA-Schulen angeht als auch die darauffolgende praktische Ausbildung in der Apotheke. Der Beruf kann attraktiv sein, das ist aber leider nicht automatisch so. Die Attraktivität des Berufes ist heute sehr davon abhängig, welche Schule besucht, wie gut die PTA im Praktikum ausgebildet wird und ob der Ausbildungsleiter entsprechend qualifiziert und motiviert ist, die PTA fachlich und praktisch auszubilden. Nach der Ausbildung ist die Attraktivität stark abhängig von der Wertschätzung innerhalb des Apothekenteams, den übertragenen Kompetenzen sowie den Fort- und Weiterbildungsangeboten.
Um sich weiterentwickeln zu können und auch, um Spaß am Beruf zu haben braucht es Motivation. Eine besonders motivierte PTA ist Vjollca Zeneli aus Göttingen. Gleich im Anschluss an ihre Ausbildung hat sie sich als Kosmetikerin weitergebildet und übernimmt in der Apotheke auf diesem Gebiet eine wichtige Beratungsfunktion. Sie sagt von sich selbst, dass sie sich keinen schöneren Beruf als den der Pharmazeutisch-technischen Assistentin vorstellen kann. Wie sie es schafft, jeden Morgen mit einem Lächeln auf den Lippen voll motiviert in den Arbeitstag zu starten, hat sie vor einiger Zeit schon in einem kleinen Videofilm für Sie zusammengefasst."
PTA – die große Unbekannte
Ein großes Problem ist es, dass zu wenige Schulabgänger den Beruf der Pharmazeutisch-technischen Assistentin / des Pharmazeutisch-technischen Assistenten kennen. Die Attraktivität des PTA-Berufes muss, genauso wie die des Berufes der Apothekerin und des Apothekers mehr in die Öffentlichkeit transportiert werden. Die Grundgegebenheiten für den PTA-Beruf sind also sehr positiv. Sabine Pfeiffer vom BVpta beobachter jedoch auch, dass etwa 10 % der PTA-Anwärterinnen und -Anwärter mit einem falschen Berufsbild in die PTA-Ausbildung gingen und die Ausbildung nach kurzer Zeit abbrechen würden – auch hier bestehe Verbesserungsbedarf. Schließlich habe man mit einer abgeschlossenen PTA-Ausbildung ganz vielfältige Möglichkeiten.
Anforderungen haben sich verändert
Die Anforderungen an das Apothekenpersonal haben sich in den letzten Jahren sehr stark verändert. Der Schwerpunkt auf der technischen Assistenz ist obsolet – gleichwohl die Anfertigung von Individualrezepturen und die damit verbundene Dokumentation nach wie vor wichtige Faktoren sind. Doch auch hier haben sich die erforderlichen Kompetenzen weg von der rein technischen Herstellung hin zur pharmazeutischen Prüfung der Plausibilität, dem Verständnis von Galenik und Inkompatibilitäten und der Herstellung nach selbigen Gesichtspunkten verlagert. Gerade die Ausbildung in der Rezeptur ist an den PTA-Schulen sehr unterschiedlich. Außerdem wünscht man sich von Apothekerseite mehr Wissen im Bereich Arzneimittel, vor allem was die Anatomie, Physiologie und Pathophysiologie angeht. Denn die meisten Kundinnen und Kunden kommen zunächst mit PTA in Kontakt. Sie sind das Aushängeschild der Apotheke und sollten durch ihr Fachwissen auch mit einer entsprechenden Kompetenz für das (Pflicht-)Beratungsgespräch gerüstet sein. PTA müssen die Zusammenhänge – vor allem bei Kontraindikationen und Polymedikation – besser erkennen können. Viele können das, zweifelsohne, aber nicht alle.
Sabine Pfeiffer vom BVpta betont, dass außerdem vor allem die PTA-Ausbildung an die heutigen Herausforderungen angepasst und damit zukunftsfähiger gemacht werden müsse. Die aktuelle PTA-Ausbildungsverordnung ist von 1968, wurde 1997 geringfügig verändert. Ohne eine Veränderung in den Grundlagen könne die Apotheke der Zukunft nicht bestehen. Der Ausbildungsstand, mit dem PTA aus den Schulen kommen, müsse zumindest annähernd gleich sein. Zum Teil sei ein solides Beratungswissen vorhanden und auch gute Fertigkeiten in der Rezepturherstellung, zum Teil sei dies auch am unteren Niveau. Auch andere Arbeitsbereiche könnten bei der PTA-Ausbildung berücksichtigt werden, aber der Schwerpunkt sollte auf dem Arbeitsplatz Apotheke liegen.
Apotheke wird nicht als attraktiver Arbeitsplatz wahrgenommen
Was von Kammerseite getan werden kann, geschieht in einigen Bundesländern bereits in vorbildlicher Weise: das Organisieren von Berufs-Infotagen in den weiterführenden Schulen, der persönliche Kontakt dorthin und das Informieren über den PTA-Beruf durch die Apotheken selbst. So gibt es beispielsweise von der Apothekerkammer in Hamburg eine Checkliste für die Durchführung von Schülerpraktika, durch die man sich erhofft, mehr qualifizierte Interessenten für die Apothekenberufe – sei es Apothekerin und Apotheker oder auch PTA und PKA – zu gewinnen. Schließlich haben junge, talentierte, intelligente Menschen heute eine breite Auswahl zwischen so vielen Berufen wie nie zuvor. Apotheken haben hier zunehmend das Nachsehen. Es spricht sich mehr und mehr herum, dass die Arbeit in der heutigen Apotheke nicht immer nur Spaß macht, und auch die Arbeitsplatzsicherheit wird nicht wahrgenommen, solange Zahlen von mehr und mehr Apothekenschließungen durch die Medien gehen. So ist das Bewerberangebot für PTA und PKA vielerorts von jungen Menschen dominiert, die „nichts anderes gefunden haben“, „gerade so ihren Abschluss geschafft haben“, oder mangelnde deutsche Sprachkenntnisse haben. Und das ausgerechnet in einem Beruf, in dem eine einfühlsame, kompetente Beratung an allererster Stelle steht.
Vielfältige Arbeitsbereiche und Karrierechancen
Für PTA stehen je nach ihren individuellen Fähigkeiten und Interessen auch viele weitere interessante Tätigkeitsfelder und Karrieremöglichkeiten offen: z.B. in Kliniken, in der pharmazeutischen Industrie, in der Gesundheitsverwaltung und in öffentlichen Einrichtungen, Laboren, Lehranstalten oder auch als selbständige Referenten, Autoren und Berater im Gesundheitswesen. Wir haben in den letzten drei Jahren zahlreiche "echte" PTA getroffen, die uns Einblicke in Ihre teils außergwöhnlichen und spannenden Tätigkeiten gegeben haben im In- und Ausland!
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Inzwischen ist lange klar: PTA sind unverzichtbar, für jede Apotheke! Sie sind Rezepturexpertinnen und beratungsstark im HV, sie halten sich durch Fortbildung und Fachliteratur fit, betreuen Praktikanten und Azubis, sie lieben ihre Stammkunden und gewinnen neue dazu. Das alles machen sie, weil der Beruf viele spannende Facetten hat, weil der Kontakt mit den Kunden (meistens) Spaß macht und deren gelegentlicher Dank ihnen viel bedeutet. Sie arbeiten aber auch in Behörden und in der Industrie, sie dienen bei der Bundeswehr und sind als Lehr-PTA tätig, um den Berufsnachwuchs für die Apotheke fit zu machen. Es gibt viele weitere Punkte, warum dieser Beruf so großartig ist."
Und was wollen wir PTA?
Wir PTA haben – wie die Apothekerkollegen auch – unterschiedliche Präferenzen, was die Tätigkeiten innerhalb des Apothekenteams angeht. Die oder der eine arbeitet gerne in der Rezeptur und erarbeitet sich dort ihre/seine Kompetenzen. Ein/e andere/r hat ihren/seinen Schwerpunkt in der Beratung in der Offizin und muss dort entsprechend weitergebildet und gefördert werden. Eins haben jedoch alle gemeinsam: „Sie wünschen sich mehr Vertrauen des Apothekenleiters“, so Sabine Pfeiffer vom BVpta. PTA würden nach wie vor nicht ernst genug genommen und ihnen würden zu wenige Kompetenzen übertragen. Es gäbe durchaus Bereiche, welche die PTA auch ohne Aufsicht des Apothekers führen könne, beispielsweise die Hilfsmittelversorgung, die Heimversorgung und die OTC-Beratung. Die Apothekenbetriebsordnung sehe ja auch eigene Kompetenzbereiche für PTA vor, so Pfeiffer. Natürlich müssten die PTA hierfür entsprechend qualifiziert werden. Außerdem müsse am Außenbild einer PTA etwas getan werden, wenn diese Verantwortung in einigen Arbeitsbereichen übernehmen solle. Die Apothekenleiter seien hier in der Pflicht, nicht nur das Selbstbewusstsein ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu stärken, sondern sie mit Feedback und Wertschätzung entsprechend zu motivieren. Sie müssten ihnen die Aufgaben und Zuständigkeiten übertragen, von denen sie beurteilen können, dass die entsprechende PTA ihnen auch gewachsen ist – und ihnen dann aber auch den nötigen Freiraum lassen. Das Berufsbild des einstigen Assistenzberufes habe sich nun mal sehr stark verändert. Dem müsse man mit einer modernen, zukunftsweisenden Ausbildung in der Schule und während des Praktikums Rechnung tragen. Nur so könne man als Apotheke der Zukunft bestehen.
Danke für Ihr Engagement!
Zum Abschluss möchte ich noch ein persönliches Wort an alle PTA-Kolleginnen und Kollegen richten. Mit vielen von Ihnen stehe ich seit ich 2015 die Leitung der Online-Redaktion der PTAheute übernommen habe, im regen Austausch über unsere Facebook-Seite, per Mail oder auch telefonisch und ich möchte die Gelegenheit nutzen, Ihnen dafür zu danken, dass Sie uns in unserer redaktionellen Arbeit so konstruktiv und zielführend unterstützen. Auch diskutieren kann man mit uns PTA. Sei es über Homöopathie, fragwürdige Änderungen von Regularien oder auch Werbung bei Facebook, mit der wir unser kostenloses Online-Angebot querfinanzieren (müssen). Wir nehmen das stets ernst und freuen uns, dass Sie auch einmal deutliche Worte für uns haben. Bleiben Sie bitte einfach wie Sie sind: fortbildungseifrig, immer up to date und stets mit einem Lächeln im HV (auch, wenn uns mal gar nicht danach ist!). Happy Birthday, PTA!