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Weltgesundheitstag 2017: Über Depressionen sprechen

Bild: Africa Studio - Fotolia.com

Depression ist kein Ausdruck von Schwäche 

Depressionen sind bei uns zwar kein Tabu mehr. Doch der Umgang damit fällt immer noch schwer. Viele Menschen gehen mit einer Depression nicht so offen um wie mit einer körperlichen Erkrankung, beispielsweise Diabetes. Aus Angst vor Stigmatisierung verheimlichen viele Betroffene ihre Krankheit zu lange und versuchen, irgendwie weiterzumachen. Gerade in der Arbeitswelt gilt eine Depression oft als Ausdruck von Schwäche oder persönlichem Versagen. Noch weitere Vorurteile halten sich in den Köpfen der Bevölkerung. Doch wer an einer Depression leidet, ist nicht bloß traurig. Er kann sich auch nicht einfach zusammennehmen. Mit Floskeln wie „Du musst nur wollen“ oder „Wird schon wieder“ fühlen sich die Betroffenen noch mehr entwertet als sie sich ohnehin schon fühlen.

Mehr als nur traurig

Jeder fühlt sich mal traurig, niedergeschlagen oder sogar verzweifelt. Doch eine Depression ist mehr als das. Die Betroffenen spüren eine extreme Hoffnungslosigkeit. Sie interessieren sich für nichts mehr, kapseln sich ab und quälen sich mit unaufhörlichen Selbstzweifeln und Selbstanklagen. Bewegungstempo und Denkgeschwindigkeit lassen häufig nach. Alltägliche Aufgaben werden zu einer unlösbaren Aufgabe, weil Kraft und Initiative fehlen. „Morgens aufstehen und ein Brot schmieren – das fühlte sich an wie Gewichte stemmen“, berichtet eine Betroffene. Die Erkrankten haben keinen Zugang mehr zu positiven Erinnerungen, Gedanken und Gefühlen. Oft verblassen die Gefühle insgesamt, was als sehr bedrohlich wahrgenommen wird.

Wie erkennt man eine Depression?

Eine Depression wird festgestellt, wenn mindestens zwei der folgenden Hauptsymptome und zusätzlich mindestens zwei Nebensymptome vorliegen. Die Beschwerden müssen wenigstens zwei Wochen anhalten.

Hauptsymptome einer Depression:

  • gedrückte, depressive Stimmung
  • Interessenverlust und Freudlosigkeit
  • Antriebsmangel und Ermüdbarkeit

Nebensymptome einer Depression:

  • verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit
  • vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen
  • Gefühle von Schuld und Wertlosigkeit
  • übertriebene Zukunftsängste oder „Schwarzsehen“
  • Suizidgedanken oder -versuche, Selbstverletzungen
  • Schlafstörungen
  • verminderter Appetit 

Auch körperliche Beschwerden wie Magen-Darm-Störungen, Schmerzen, Schwindel oder Luftnot können Ausdruck einer Depression sein.

Der Zwei-Fragen-Test

Erste Hinweise auf eine Depression kann ein einfacher Test geben:

  • Fühlten Sie sich im letzten Monat häufig niedergeschlagen, traurig, bedrückt oder hoffnungslos?
  • Hatten Sie im letzten Monat deutlich weniger Lust und Freude an Dingen, die Si sonst gerne tun?

Werden beide Fragen mit „Ja“ beantwortet, sollte man dem Betroffenen zum Besuch bei einem Arzt oder Psychotherapeuten raten.

Was sind die Ursachen einer Depression?

Depressionen entstehen meist aus einem Zusammenspiel von

  • aktuellen äußeren Faktoren (u.a. chronischer Arbeitsstress, Beziehungskonflikte, mangelnde soziale Unterstützung)
  • Risikofaktoren, die in der Lebensgeschichte oder Persönlichkeit begründet sind (Verlusterlebnisse, Missbrauch, mangelndes Selbstvertrauen etc.)
  • und genetischer Konstellation (Angehörige ersten Grades von depressiv Erkrankten haben ein um 50 Prozent erhöhtes Risiko, selbst auch zu erkranken).

Entscheidend: die Krankheit annehmen

Für die Betroffenen ist es wichtig, dass sie ihre Verzweiflung als Krankheit erkennen, die behandelbar ist. Dass sie erkennen: Es handelt sich um eine krankhafte Form des Denkens – ein Denken, das es unmöglich macht, Lösungen zu sehen oder positive Gefühle zu empfinden. Ist dieser Erkenntnisschritt getan, sind die Erkrankten eher offen für Hilfe. Wer an einer Depression leidet, benötigt professionelle Hilfe.

Depressionen sind gut behandelbar

In der Regel ist eine Depression mit Psychotherapie und Antidepressiva gut behandelbar. Bei leichten bis mittelgradigen Formen können Johanniskrautpräparate helfen. Sie müssen allerdings ausreichend hoch dosiert sein. Weitere Verfahren wie Lichttherapie, Schlafentzug, Ergotherapie etc. können die Behandlung unterstützen. Die Patienten sollten sich außerdem bewegen. Zahlreiche Studien zeigen, dass sportliche Aktivität die Symptome lindern kann. Hilfsangebote und Informationen gibt es zum Beispiel bei der Stiftung Deutsche Depressionshilfe (www.deutsche-depressionshilfe.de). Die Stiftung bietet auch ein deutschlandweites Info-Telefon an unter 0800 33 44 533. Quellen: Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN); Stiftung Deutsche Depressionshilfe 

Depressionen in Deutschland 

Acht Prozent der Bevölkerung erkranken in Deutschland jedes Jahr an einer Depression. Nach Schätzungen erkranken im Laufe ihres Lebens 16 bis 20 von 100 Menschen daran. Wird die Erkrankung nicht rechtzeitig erkannt und konsequent behandelt, kann sie chronisch werden. Depressionen sind die häufigste Ursache der jährlich circa 10.000 Suizide in Deutschland. Mit Antidepressiva und Psychotherapie stehen gute Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Doch nur 26 Prozent der Patienten erhalten eine Behandlung, wie sie die wissenschaftlichen Leitlinien empfehlen. 18 Prozent der Betroffenen werden heute in Deutschland gar nicht behandelt.