für mich: Ernährung: Schrot und Korn
von Reinhild Berger
Getreide und Getreideprodukte, vorzugsweise in der Vollkornvariante, sind die Basis einer gesunden Ernährung. Auch die Pseudogetreide zählen zu dieser Lebensmittelgruppe, denn ihre Körner liefern, genauso wie echte Getreide, ernährungsphysiologisch wichtige Nährstoffe: komplexe Kohlenhydrate, hochwertiges Eiweiß, reichlich Ballaststoffe in Form unlöslicher Zellulosefasern sowie löslicher Quellstoffe, dazu sekundäre Pflanzenstoffe, Mineralien und Vitamine, vorwiegend aus der B-Gruppe. Der Fettanteil von Getreide ist eher niedrig und er besteht aus wertvollen ungesättigten Fettsäuren.
Tausendsassa Vollkorn
Die gängigen Getreidearten sind Weizen, Dinkel, Roggen, Hafer, Gerste, Hirse und Mais. Weltweit spielt vor allem Reis – ebenfalls ein Getreide – eine wichtige Rolle als Grundnahrungsmittel. Zu den Pseudogetreiden zählen die aus Südamerika stammenden Kulturpflanzen Amaranth und Quinoa sowie der heimische Buchweizen. Für alle gilt gleichermaßen: Am gesündesten sind Vollkornprodukte. Der Begriff Vollkorn steht für die gereinigte, vollständige Körnerfrucht der Pflanze einschließlich des Keimlings, die im Ganzen weiterverarbeitet wird. Allen Getreidearten und den daraus gewonnenen Produkten ist gemeinsam, dass sie gut sättigen. Das liegt nicht nur an ihrem Gehalt an komplexen Kohlenhydraten und hochwertigen Proteinen, sondern im Wesentlichen an ihrem Ballaststoffanteil. Ballast- und Quellstoffe vergrößern das Volumen des Speisebreis, aktivieren Verdauungssäfte, regulieren die Resorption von Nährstoffen, binden im Dünndarm Gallensäuren und Cholesterin, begünstigen durch bakterielle Abbauprozesse im Dickdarm den Energiestoffwechsel und sind unverzichtbar für ein gesundes Darmmikrobiom.
Im Hinblick auf die Nährstoffe gibt es bei den einzelnen Getreidearten meist nur kleine Unterschiede. Wichtig für Menschen mit Glutenunverträglichkeit ist das Wissen darüber, welche Getreide- beziehungsweise Pseudogetreidearten von Natur aus kein Gluten enthalten. Das sind Hafer, Hirse, Mais, Reis, Buchweizen, Amaranth und Quinoa.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Begriff Vollkorn steht für die gereinigte, vollständige Körnerfrucht der Pflanze einschließlich des Keimlings.
- Beim Rohverzehr (z. B. im Müsli) auf höchste Hygiene achten.
- Einweichen und Abspülen ganzer Körner oder von Schrot trägt dazu bei, Schadstoffe zu entfernen, und spart Energie durch Verkürzen der Kochzeit.
- Im Handel gibt es neben ganzen Körnern auch Schrot, Grieß, Flocken und vorverarbeitete Produkte wie Couscous, Bulgur oder gepuffte Körner (ähnlich Popcorn).
Getreidekörner in Kochtopf und Pfanne
Ganze Getreidekörner oder Vollkornschrot lassen sich kochen oder wie Risotto zubereiten. In gegarter Form eignen sie sich als herzhaft-nussige Beilage zu Fleisch, Fisch und Gemüse, für Aufläufe und Eintöpfe oder abgekühlt in Salaten. Mit Eiern, Quark oder anderen Bindemitteln vermischt, können Bratlinge geformt und in der Pfanne gebraten werden. Die ganzen rohen Körner werden vor dem Kochen gewaschen und mindestens zehn Stunden lang eingeweicht, das erhöht die Bekömmlichkeit, verkürzt die Kochzeit und spart somit Energie. Eingeweichte Körner sind nach 30 bis 40 Minuten gar, während Schrot auch ohne Einweichen gekocht werden kann. Tipp: erst am Ende der Garzeit salzen, weil vorher zugesetztes Salz die Wasseraufnahme durch das Korn verringert.
Weizenvollkorn gibt es auch in Form von Grieß, die Kochzeit beträgt dann oft nur Minuten. Couscous und Bulgur bestehen aus bereits vorgegartem Weizen (oder auch anderen Getreidearten) und müssen nur im heißen Wasser quellen. Die Quellzeit ist abhängig von der Körnergröße.
Einweichwasser wegschütten?
Alle Getreide- und Pseudogetreidearten enthalten Phytinsäure, einen sekundären Pflanzenstoff, der dem Getreidesamen als Speicher für Phosphat und Mineralien dient. Nimmt der Mensch die komplexbildende Phytinsäure mit seiner Nahrung auf, so verschlechtert das die Resorption von Eisen, Calcium, Magnesium und Zink. Beim Einweichen der Getreidekörner wird Phytinsäure herausgewaschen. Deswegen wird in der Regel empfohlen, das Einweichwasser wegzuschütten und die Körner vor dem Kochen noch einmal gründlich zu spülen. Es gibt jedoch inzwischen Hinweise darauf, dass Phytinsäure im menschlichen Körper antioxidative und damit nützliche Wirkungen entfaltet, die durch das Wegschütten des Einweichwassers verloren gehen. Es bleibt also der eigenen Entscheidung überlassen, wie man vorgeht.
Frischkornmüsli
Geschrotete Getreidekörner einweichen, über Nacht in den Kühlschrank stellen und am Morgen mit Joghurt und Obst als Frischkornmüsli verzehren? Oder ganze Körner in Keimboxen sprossen lassen? Ja, das geht, aber es ist dabei auf besondere Hygiene zu achten. Denn Getreidekörner können immer mikrobiologisch belastet sein. Durch Kochen oder Backen werden mögliche pathogene Keime sicher vernichtet. Für den Rohverzehr sollte man daher beim Einkauf am besten hohe Bioqualität wählen. Babys und Kleinkinder sollten nicht nur wegen möglicher Keime, sondern auch aus Verträglichkeitsgründen nicht mit rohen Getreideprodukten ernährt werden.
Amaranth und Quinoa – sind sie wirklich Superfoods?
Viel Eisen, glutenfrei – aber nicht ungefährlich
Was den Eisengehalt betrifft, nehmen Amaranth und Quinoa einen Spitzenplatz unter allen Getreiden und Pseudogetreiden ein. Auch Kalium, Calcium, Magnesium, Zink sowie die Vitamine B1, B2, C, E und Folsäure sind enthalten. Deshalb können beide Pseudogetreidearten für Vegetarier und Veganer vorteilhaft sein, ebenso sind sie eine geschmackliche Alternative für Menschen mit Glutenunverträglichkeit.
Zum Schutz des Keimlings enthalten beide Körnerarten ein Arsenal an Abwehrstoffen. Bei Quinoa sind es vor allem Saponine, auf die gerade empfindliche Menschen eventuell mit Magen-Darm-Beschwerden reagieren können. Gerbstoffe erschweren die Eiweißverdauung. Deshalb müssen Quinoakörner vor dem Verzehr geschält und über Nacht eingeweichtwerden. Das Einweichwasser ist zu verwerfen, Kochen steigert die Verträglichkeit. Amaranth-körner enthalten zwar kein Saponin, sollten aber in gleicher Weise behandelt und zubereitet werden. Säuglinge und Kleinkinder sollten nur mit Pseudogetreideprodukten sehr hoher Qualität gefüttert werden, die nachweislich frei von Schadstoffen sind.
Tipps für die Küche
Amaranth lässt sich in ganzen Körnern kaufen, außerdem bereits vorverarbeitet in Kochbeuteln, in gepuffter oder geflockter Form sowie zerkleinert zum Anrühren als Brei. Es gibt auch Amaranthmehl zum Backen (in Kombination mit anderen Mehlen) oder Mischungen für die Zubereitung von Bratlingen und Waffeln. Amaranth-mehl muss nach Anbruch der Packung schnell verbraucht werden, da es durch den höheren Fettgehalt leicht ranzig wird.
Quinoakörner werden in Weiß, Rot und Schwarz angeboten, wobei sich die einzelnen Farbvarianten in Bissfestigkeit und Geschmack unterscheiden. Auch Quinoa gibt es bereits vorbereitet im Kochbeutel, in aufgepoppter Form, als Flocken und Mehl. Aus Quinoamehl lässt sich in Kombination mit Maismehl, Reismehl und Buchweizenmehl ein glutenfreies Brot backen.
Wie erkläre ich es meinen Kunden?
- „Aus gegartem Weizen lassen sich ganz einfach Beilagen herstellen. Damit könnten Sie beispielsweise weißen Reis ersetzen.“
- „Ihr Arzt hat Ihnen empfohlen, mehr Ballaststoffe zu sich zu nehmen? Sie könnten statt Brötchen morgens auf einen Frischkornbrei mit etwas Obst umstellen.“
Buchweizen – das heimische Pseudogetreide
Preisgünstiger und ökologisch sinnvoller ist es, gleich zu einer einheimischen Pseudogetreideart zu greifen, dem Buchweizen. Auch er ist glutenfrei, hat ein hochwertiges Nährstoffprofil und enthält Eisen sowie weitere wichtige Mineralien und Vitamine. Buchweizen lässt sich zu Risotto, Grütze und Mehl verarbeiten und überzeugt durch seinen nussigen Geschmack. In einigen Regionen Europas gibt es traditionelle Spezialitäten aus Buchweizenmehl: in Osteuropa die fladenartigen Blinis, in Frankreich die pfannkuchenähnlichen Galettes und in Norddeutschland die beliebte Buchweizentorte.
Für die Zubereitung in der Küche gilt: Ganze Buchweizenkörner sollten vor dem Kochen gründlich gespült werden. Das Einweichen und Verwerfen des Einweichwassers kann die mitunter nicht so beliebte Schleimbildung beim Kochen vermindern. Beim Einkaufen sollte man auf eine geprüfte Qualität achten, die frei von schädlichen Gerbstoffen, Saponinen und dem phototoxisch wirksamen Fagopyrin ist. Für Säuglinge und Kleinkinder ist Buchweizen nicht zu empfehlen. Er kann auch potenziell allergen sein, gehört aber nicht zu den kennzeichnungspflichtigen Allergenen.
Abwechslung für‘s Wohlbefinden
Getreide-, vor allem Vollkornprodukte helfen, den Ballaststoffanteil der täglichen Ernährung zu erhöhen und sorgen so für eine gesunde Darmflora, die ganz wesentlich zum Wohlbefinden und zur Prävention von Krankheiten beiträgt. Die Vielfalt der Getreidearten bietet nicht nur geschmacklich viel Abwechslung, sondern erlaubt es auch, bei bestimmten Unverträglichkeiten ein passendes Alternativprodukt zu finden. •