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mehr wissen: Rund um die Gelenk-OP: Wieder auf die Beine kommen

Vor einer geplanten Operation am Knie- oder Hüftgelenk muss die Patientin oder der Patient gründlich untersucht werden. Dazu gehört in erster Linie die Überprüfung der Herz- und Lungenfunktion. Vorerkrankungen wie z. B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus, Störungen der Blutgerinnung oder Allergien (z. B. gegen bestimmte Antibiotika oder Metalle) müssen bekannt sein und gegebenenfalls behandelt werden. Nimmt der Patient blutverdünnende Medikamente wie etwa ASS, Clopidogrel, Phenprocoumon oder direkte orale Antikoagulanzien wie z. B. in Eliquis, Lixiana, Xarelto ein, werden diese vor der Operation meist vorübergehend abgesetzt oder umgestellt. Im Fall einer Umstellung wird das gerinnungshemmende Arzneimittel, das der Patient normalerweise einnimmt, etwa durch ein niedermolekulares Heparin wie Enoxaparin (z. B. in Clexane) ersetzt. Falls vor der Operation entzündungshemmende Glucocorticoide in den Gelenkspalt injiziert wurden, muss dies vom Patienten mitgeteilt werden. Es besteht dann ein erhöhtes Infektionsrisiko.

Infektionen vorbeugen

Offene Wunden oder andere mögliche Entzündungsherde beispielsweise an den Zehen oder Zähnen sollten vor der Operation behandelt werden. Vor dem Eingriff ist deshalb ein Besuch beim Zahnarzt sinnvoll. Auch bestehende Infektionen (z. B. der Harn- oder Atemwege) müssen ausgeschlossen werden. Sonst besteht ein erhöhtes Risiko, dass Krankheitserreger über das Blut in den Operationsbereich gelangen und dort zu Infektionen führen. Um die Bakterien auf Haut und Haaren zu reduzieren, soll der Patient vor der Operation antiseptische Waschungen durchführen. Damit wird die Gefahr einer postoperativen Wundinfektion gemindert. Etwa ein Viertel der Bevölkerung weist eine Keimbesiedlung durch Staphylococcus aureus von Haut und Schleimhäuten auf. Dabei gilt der Nasenvorhof als Hauptreservoir, weshalb präoperativ ein antiseptisches Nasengel empfohlen wird. Waschlotion und Nasengel sind z. B. im Octenisan Set enthalten. Die Anwendung (Waschlotion einmal täglich, Nasengel zweimal täglich) soll bereits bis zu fünf Tagen vor der anstehenden Operation erfolgen. Während der Operation wird zudem unmittelbar vor dem Hautschnitt ein Antibiotikum verabreicht.

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine sorgfältige Vor- und Nachsorge bei Knie- und Hüftgelenksoperationen reduziert Risiken und unterstützt den Operierten dabei, rasch wieder fit zu werden.
  • Vor der OP müssen Vorerkrankungen und Medikationspläne bekannt sein. Entzündungsherde sollten saniert werden und Infektionen müssen ausgeschlossen sein.
  • Nach dem Eingriff erhält der Patient eine angepasste Schmerztherapie, außerdem erfolgt eine 4- bis 6-wöchige medikamentöse Thromboseprophylaxe.
  • Bereits am Operations- bzw. Folgetag werden die Patienten mobilisiert. Nach der Entlassung aus der Klinik schließt sich eine in der Regel 3-wöchige Reha an. Dort sollen sich Betroffene erholen, aber vor allem auch die Muskulatur stärken und ihre Beweglichkeit trainieren.

Schmerzen erträglich halten

Am Ende der OP werden Verbände und Drainagen (zur Verhinderung größerer Blutergüsse) angelegt, Letztere werden in der Regel am Folgetag entfernt. Eine angepasste Schmerztherapie sorgt dafür, die Schmerzen erträglich zu halten. Oft setzt der Anästhesist einen sogenannten Nervenblock, der etwa 24 Stunden anhält und für eine gute Schmerzreduktion und erholsamen Schlaf in der ersten Nacht sorgt. Hierbei wird ein Nerv vorübergehend ausgeschaltet, indem während des Eingriffs ein Lokalanästhetikum infiltriert wird. Die erste große Schmerzwelle ist damit meist überwunden, sodass danach mit „üblichen“ Schmerzmitteln z. B. in Form von Tabletten, Kapseln oder Tropfen weitertherapiert wird. In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, zusätzlich zu dieser oralen Basistherapie noch für ein bis zwei Tage intravenös Schmerzmittel zu verabreichen.

Nach Stufenplan

Als (orale) Analgetika zur Schmerzbehandlung kommen nichtsteroidale Antirheumatika wie z. B. Ibuprofen oder Diclofenac infrage. Außer schmerzstillend wirken sie entzündungshemmend (und fiebersenkend). Eine bekannte und häufige Nebenwirkung ist die Schleimhautreizung von Magen und Darm. Um die Magenschleimhaut zu schützen, wird häufig ein Protonenpumpenhemmer (PPI) wie Omeprazol oder Pantoprazol dazu verordnet (Einnahme immer nüchtern, 30 bis 60 Minuten vor einer Mahlzeit). Metamizol (z. B. Novalgin, Novaminsulfon Generika) und Paracetamol sind weitere Beispiele für Schmerzmittel der Stufe 1, die neben NSAR laut dem WHO-Stufenplan zum Einsatz kommen. Die Stufentherapie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) unterteilt die Schmerztherapie mit Medikamenten in drei Stufen. Dabei nimmt die schmerzstillende Wirkung der Substanzen von Stufe 1 nach Stufe 3 zu. Metamizol hat die höchste schmerzstillende Wirkung unter den Analgetika der Stufe 1.

Eine Entzündungshemmung ist vorhanden, aber nicht stark ausgeprägt. Metamizol ist im Allgemeinen gut verträglich, sehr selten kommt es zu einer Agranulozytose – einer Störung der Blutbildung. Diese kann lebensgefährlich sein. Beim Auftreten von grippeähnlichen Symptomen unter der Einnahme von Metamizol soll die Einnahme deshalb sofort beendet und ein Arzt verständigt werden. Paracetamol besitzt keine entzündungshemmende Wirkung, aber auch kaum beziehungsweise keine schädigende Wirkung auf die Schleimhäute. In Kombination mit Codein oder Tramadol wird es in der WHO-Stufe 2 zur Behandlung mäßiger bis starker Schmerzen verwendet.

Reichen Medikamente der Stufe 1 nicht aus, werden schwach wirksame Opioide der WHO-Stufe 2 eingesetzt. Dazu gehören unter anderem Tilidin oder Tramadol. Sie werden allein oder in Kombination mit Analgetika der Stufe 1 verordnet. Zu den häufigsten Nebenwirkungen der Opioide gehören Übelkeit, Erbrechen und Verstopfung. Erst wenn Medikamente der Stufe 2 nicht ausreichen, würde man stark wirksame Opioide der Stufe 3 einsetzen.

Faustregel für Schmerzen

Schmerzen nach einer Operation sind normal. Sie sollten jedoch auf einem moderaten Niveau bleiben. So dürfen Patienten etwa am ersten Tag nach der Operation durchaus Schmerzen spüren, auch in Ruhe. Allerdings sollten die Schmerzen nicht so stark sein, dass keine ausreichende Nachtruhe möglich ist. Beim Aufstehen und bei Übungen, also unter Belastung, wird der Schmerz natürlich stärker. Er sollte den Patienten jedoch nicht an der Bewegung hindern. Mithilfe einer Schmerzskala von 0 bis 10 wird gemessen, wie stark der Schmerz vom Patienten empfunden wird. 0 bedeutet kein Schmerz, 10 maximaler Schmerz. Ab einer Schmerzintensität von 3 in Ruhe, beziehungsweise 5 unter Belastung sollte der Patient (weitere) Schmerzmittel erhalten. Stärkere Schmerzmittel werden in der Regel schon wenige Tage nach der OP abgesetzt. Danach nehmen Patienten antientzündlich wirksame, schwächere Schmerzmittel meist noch etwa für zwei bis vier Wochen ein.

Bei minimalinvasiven Verfahren kommt es insgesamt deutlich weniger zu Schmerzen als bei konventionellen Methoden, da der Eingriff ohne wesentliche Verletzung der Muskeln geschieht. Allerdings berichten einige Patienten von einem Muskelziehen, welches zwei bis drei Monate andauern kann. Um den Eingriff minimalinvasiv durchzuführen, müssen die Muskeln auseinandergespreizt werden. Dadurch irritiert, reagieren sie mit einem muskelkaterartigen Ziehen, was allerdings nicht als klassischer Schmerz gilt.

Blutgerinnsel verhindern

Um der Entstehung von Blutgerinnseln vorzubeugen, müssen über vier bis sechs Wochen blutgerinnungshemmende Medikamente eingenommen oder gespritzt werden. Gerade bei Operationen an den Beinen ist das Risiko einer Thrombusbildung vergleichsweise hoch. In den meisten Fällen erfolgt die Thromboseprophylaxe mit einer täglichen Spritze unter die Haut in den Bauch oder Oberschenkel. Verwendung finden vor allem niedermolekulare Heparine (z. B. in Mono-Embolex, Fragmin oder Clexane). Eine erhöhte Blutungsneigung mit der Gefahr von Blutergüssen im Wundgebiet wird dabei in Kauf genommen. Eine weitere sehr wichtige Vorbeugungsmaßnahme gegen die Entstehung von Blutgerinnseln ist die frühzeitige Mobilisation.

Möglichst bald aufstehen

Häufig machen Patienten bereits am Operations- oder Folgetag ihre ersten Schritte. Die frühe Mobilisierung hat auch den Vorteil, dass sich der Kreislauf schneller stabilisiert. Immobile Patienten haben einen deutlich schlechteren Behandlungsverlauf. Meist wird bereits am Tag der Operation beziehungsweise am Tag danach mit ersten Übungen zunächst durch den Physiotherapeuten oder eine motorbetriebene Bewegungsschiene begonnen, indem dieser beispielsweise das Bein des Patienten im Liegen beugt und streckt. Patienten bekommen zudem gezeigt, wie man sich aufrichtet, aufsteht, an- und auszieht, sich mit Gehhilfen bewegt und wie sehr das Gelenk belastet werden darf. Der Operierte soll möglichst rasch wieder mobil, aktiv und selbstständig werden. Aktive Übungen, welche der Patient unter physiotherapeutischer Anleitung durchführt, werden schrittweise gesteigert. Die Muskelgruppen rund um das operierte Gelenk sollen wieder aktiviert werden. Dies kann sich anfangs ungewohnt und aufgrund der noch vorhandenen Schwellungen und Blutergüsse auch unangenehm anfühlen.

Treten keine Komplikationen auf, wird der Patient nach etwa fünf bis zehn Tagen aus der Klinik entlassen. Eine Entlassung ist erst sinnvoll, wenn die Schmerzen ausreichend gut mit Analgetika der Stufe 1 (und gegebenenfalls 2) zu beherrschen sind. Die anschließenden Rehabilitationsmaßnahmen können ambulant oder stationär in einer Rehaklinik erfolgen.

Starke Muskeln

Während der üblicherweise dreiwöchigen Reha geht es vor allem darum, sich von der OP zu erholen, die Muskulatur zu stärken und eine gute Alltagsbeweglichkeit zu erlangen. Durch die Schonhaltung aufgrund von schon länger bestehenden Schmerzen im Knie oder in der Hüfte hat sich die Muskulatur von Bein, Hüfte und Rücken vor der OP oft verändert. Das Zusammenspiel der Muskeln muss wieder normalisiert werden, weshalb unter anderem durchaus auch ein Oberkörpertraining auf dem Trainingsplan stehen kann. Auch Gang- und Gleichgewichtsschulungen gehören dazu. Neben Physiotherapie und Krankengymnastik mit angepassten Trainingsplänen, die sowohl Einzeltraining als auch Gruppengymnastik umfassen, werden unterstützend physikalische Therapien wie etwa Lymphdrainagen angeboten. Nach Beendigung der Reha soll regelmäßig nach Anweisung des Physiotherapeuten weitertrainiert werden.

Übrigens: Wer schon vor der OP kleine Spaziergänge unternimmt oder gymnastische Übungen macht – je nachdem, was noch möglich ist –, kommt nachweislich schneller wieder auf die Beine. Auch vorab schon mal mit Gehhilfen zu trainieren und die Oberarmmuskulatur zu stärken kann sinnvoll sein.

Wie erkläre ich es meinen Kunden?

  • „Dieses Set enthält eine Waschlotion und ein Nasengel. Wenden Sie die Waschlotion einmal täglich und das Nasengel zweimal täglich an. Dabei werden Keime auf Haut, Haaren und Schleimhaut reduziert. Dies minimiert die Gefahr einer Wundinfektion nach Ihrer anstehenden Operation.“
  • „Solange Sie noch das entzündungshemmende Schmerzmittel (z. B. Ibuprofen, Diclofenac) einnehmen, sollten Sie auch den verordneten Magenschutz (z. B. Omeprazol, Pantoprazol) dazunehmen. Nehmen Sie davon morgens eine Tablette 30 bis 60 Minuten vor dem Frühstück ein.“
  • „Um das Risiko eines Blutgerinnsels möglichst gering zu halten, werden nach einer Operation am Knie- oder Hüftgelenk noch für vier bis sechs Wochen Thrombosespritzen angewendet. Setzen Sie diese keinesfalls auf eigene Faust früher als ärztlich verordnet ab.“

Dos and Don´ts

Bei aller Motivation sollten bei den Übungen keine starken Schmerzen, Spannungsgefühle oder Blockaden verspürt werden. In solch einem Fall muss mit dem Arzt oder Therapeuten Rücksprache gehalten werden, die Übung muss dann verändert oder ersetzt werden. Für mindestens drei Monate darf die Hüfte nach Hüft-OPs nicht über 90 Grad gebeugt werden, das heißt, beim Sitzen muss sich das Knie immer unterhalb der Hüfte befinden. Über den gleichen Zeitraum gilt es (auch für Knie-OPs), die Beine nicht zu überkreuzen. Außerdem muss eine starke Drehung des Beins (vor allem nach innen) vermieden werden. Das Heben, Tragen und Schieben von schweren Gegenständen ist zu unterlassen. Gehstützen sollten möglichst mindestens vier bis sechs Wochen lang verwendet werden, bei Gangunsicherheit auch länger.

Kontrolluntersuchungen finden jeweils zwei bis drei Monate, ein Jahr und zwei bis fünf Jahre nach der OP statt. Kommt es nach der Operation zu Flüssigkeitsaustritt an der Wunde, Fieber über 38 °C, das länger als zwei Tage anhält, oder zu starken Schmerzen, Schwellung oder Rötung der Operationswunde, muss rasch ein Arzt aufgesucht werden.

Sicherheitshalber immer erwähnen

Wer ein künstliches Gelenk hat, sollte in Zukunft bei Infektionen (z. B. der Harn- und Atemwege) oder vor größeren Eingriffen etwa im Kieferbereich den behandelnden Arzt darüber informieren. Künstliche Gelenke sind generell anfälliger für bakterielle Infektionen, sodass eine frühzeitige Antibiose sinnvoll sein kann. Auch bei weiteren anstehenden Operationen sollte ein künstliches Gelenk Erwähnung finden – so kann beim Lagern im Bett oder auf dem Operationstisch entsprechend reagiert werden.•

Alexandra Mayer

PTA, Apothekerin

Plochingen

autor@ptaheute.de