gut beraten: Verdauungsbeschwerden: Sehr wechselhaft
Der weibliche Zyklus läuft in drei Phasen ab: der Follikel-, Ovulations- und Lutealphase. Während dieser Abfolge ändern sich auch die Konzentrationen der weiblichen Hormone. Niedrige Estradiol- und Progesteron-Spiegel läuten die Monatsblutung ein. Es werden vermehrt Prostaglandine (Gewebshormone als Schmerzbotenstoffe) gebildet, die an der Menstruationsauslösung beteiligt sind. Unter Einwirkung des follikelstimulierenden Hormons (FSH) reifen im Eierstock die Estrogen-produzierenden Follikel heran. Der Eisprung wird nun durch einen sprunghaften Anstieg des Spiegels des luteinisierenden Hormons (LH) und des FSH ausgelöst. Danach sinken die LH- und FSH-Spiegel wieder. Es entsteht der Gelbkörper aus dem Eibläschen, welcher Progesteron und geringe Mengen an Estrogenen produziert. Wenn nun keine Befruchtung stattfindet, bildet er sich zurück und die Estradiol- und Progesteron-Spiegel sinken erneut.
Verstopfung nach dem Eisprung
Das Wichtigste in Kürze
- Magen-Darm-Probleme können bei Frauen auch im Zusammenhang mit dem weiblichen Zyklus stehen.
- Hauptverantwortlich dafür sind Progesteron und die kurz vor Eintreten der Regel vermehrt gebildeten Prostaglandine.
- Alle zyklusbedingten Beschwerden sollten mindestens einmal gynäkologisch abgeklärt werden. Bei dieser Untersuchung kann bei einer ausgeprägten Symptomatik auch die Verordnung von Ovulationshemmern erwogen werden.
Auch das noch!
Andere Frauen quälen sich vor, manche auch zu Beginn und während der Menstruation mit Übelkeit, einige sogar mit Erbrechen. Junge Frauen unter 20 sind davon öfter betroffen. Die Ursache dafür ist nicht endgültig geklärt, der zunächst ansteigende Progesteronspiegel und der gleichzeitig abfallende Estrogenspiegel spielen aber auch hier eine Rolle. Kurz vor oder direkt beim Einsetzen der Periode bemerken die meisten Frauen, dass sich die Verdauung ändert – die Verstopfung löst sich und einige leiden sogar unter Durchfall. Auslöser sind hauptsächlich Prostaglandine. Sie werden nach dem steilen Abfall der Progesteron- und Estrogenkurven ausgeschüttet. Vor allem Prostaglandin E2 (PGE2) bewirkt ein Zusammenziehen der Muskelschicht der Gebärmutterwand. Allerdings können Prostaglandine auch die glatte Muskulatur des Darms anregen und auf diese Weise neben Unterleibskrämpfen ebenfalls zu Durchfall führen.
Was ist noch normal?
Bei alledem stellt sich die Frage: Welche Menstruationsbeschwerden sind noch normal? Für auftretende Verdauungsbeschwerden während der Regel gilt prinzipiell dasselbe wie für alle anderen Symptome innerhalb des großen Beschwerden-Komplexes aus dem Bereich der Dysmenorrhö und des prämenstruellen Syndroms (PMS): Zunächst müssen sie, vor allem bei jungen Frauen, einmal ärztlich abgeklärt werden. So kann z. B. Durchfall gemeinsam mit weiteren Beschwerden auch auf eine Endometriose hindeuten oder ganz andere Ursachen haben. Außerdem sollten alle Frauen regelmäßig einmal jährlich eine Kontrolluntersuchung bei ihrem Frauenarzt oder ihrer Frauenärztin durchführen lassen. Treten entsprechende Symptome plötzlich auf, nachdem lange Zeit keine Regelbeschwerden bemerkt wurden, werden die Beschwerden immer schlimmer oder sind sie mit OTC-Präparaten nicht ausreichend behandelbar, muss der Patientin ebenfalls zum Arztbesuch geraten werden.
Einstieg ins Beratungsgespräch
Auch wenn die Beschwerden noch im normalen Rahmen liegen, kann der Leidensdruck der Patientin sehr hoch sein. Da die auftretenden Symptome sehr unterschiedlich sein können, ist es im Beratungsgespräch zunächst wichtig, einfühlsam zu ergründen, welche Symptome im Vordergrund stehen, wie schwerwiegend sie sind und wie stark sie den Alltag der Frau beeinträchtigen. Mögliche Kontraindikationen oder Wechselwirkungen der empfohlenen Arznei- oder Nahrungsergänzungsmittel müssen selbstverständlich abgeklärt werden. Oft wird dann schnelle Hilfe nötig sein.
Prompte Erleichterung
Leidet die Frau etwa momentan besonders unter Verstopfung, ist ihr mit einem Abführzäpfchen auf Basis von Glycerol bzw. CO2 (z. B. Glycilax für Erwachsene, Lecicarbon E) oder Miniklistier (z. B. Microlax) schnell geholfen. Neigt sie während ihres Zyklus regelmäßig zu Obstipation, kann neben den üblichen Hinweisen zur Ernährung und Bewegung (siehe auch Seite 76) die regelmäßige Einnahme eines Macrogol-Präparates (z. B. Dulcosoft, Movicol, Macrogol 1A), eventuell besonders in der zweiten Zyklushälfte, erwogen werden. Vielen hilft auch die abendliche Einnahme eines hochdosierten Magnesiumpräparates. Bei Blähungen können Entschäumer, wie beispielweise Simeticon (z. B. in Lefax, Sab simplex, Espumisan) Abhilfe schaffen. Wärme, Anis-Fenchel-Kümmel-Tee und Bauchmassagen sind dabei ebenfalls lindernd. Besonders Pfefferminz- und Kümmelöl (z. B. in Carmenthin) wirken schmerzmindernd, entkrampfend und entblähend.
Soforthilfe bei Übelkeit
Einen sehr hohen Leidensdruck haben vor allem Frauen, die von Übelkeit oder sogar Erbrechen während der Periode betroffen sind. Sie brauchen eine wirksame Hilfe, um diesen Beschwerden im Alltag zu begegnen. Gegen akuten Brechreiz oder zur Vorbeugung von Übelkeit werden Antihistaminika eingesetzt, wie etwa Dimenhydrinat (z. B. in Vomex A, Vomacur oder Dimenhydrinat AL). Bei leichteren Beschwerden können Ingwer oder Tinkturen aus beispielsweise Gänsefinger-, Wermut- und Benediktenkraut wie auch Angelika- und Süßholzwurzel sowie Kamillenblüten (z. B. in Iberogast, Gastritol) hilfreich sein. Bei Magen-Darm- und Unterleibskrämpfen eignen sich besonders Gänsefinger- oder Schafgarbenkraut, welche als traditionelle pflanzliche Arzneimittel zur Behandlung von leichten krampfartigen Beschwerden im Magen-Darm-Bereich und auch während der Menstruation angewendet werden (z. B. in Gasteo, Kadezyklus bei Krämpfen). Einigen Betroffenen nützt auch das Tragen von speziellen Akupressurbändern (z. B. Sea-Band).
Rasch gegen Durchmarsch
Auch plötzlich auftretender Durchfall ist im Alltag sehr unangenehm – deshalb ist es wichtig, den darunter leidenden Kundinnen ein rasch wirksames Medikament an die Hand zu geben. Hier eignen sich Präparate mit Loperamid (z. B. Imodium akut lingual, Lopedium akut, Loperamid Stada) oder Racecadotril (z. B. Vaprino, Diaverde). Da der „Menstruationsdurchfall“ durch eine vermehrte Prostaglandin-Ausschüttung ausgelöst wird, nehmen manche von den regelmäßig betroffenen Frauen auch vorsorglich COX-Hemmer, welche die Prostaglandinsynthese hemmen. Wie auch bei Menstruationsschmerzen eignen sich hier Naproxen und Ibuprofen besonders gut. Die Einnahme dieser NSAR, unter Ausschluss möglicher Kontraindikationen, sollte 24 bis 48 Stunden vor Beginn der Periode begonnen und bis maximal ein bis zwei Tage nach Beginn der Periode fortgesetzt werden. Selbstverständlich ist auch bei akutem Durchfall kurz vor oder während der Menstruation auf eine ausreichende Flüssigkeits- und Elektrolytzufuhr zu achten. Das alte Hausmittel Hafer-Bananen-Brei kann möglicherweise auch gleichzeitig die Lust auf Süßes bremsen.
Verändertes Essverhalten
Etliche Frauen stellen nämlich fest, dass sich ihr Essverhalten in der prämenstruellen Phase verändert. So haben einige größere Lust auf süße, fettige oder auch stark salzige Speisen. Progesteron regt den Stoffwechsel an, was zu einer Appetitsteigerung führen kann. Ebenso zeigt der Blutzuckerspiegel bei Frauen einen zyklischen Verlauf: Er steigt während des Zyklus stetig an, bis er fünf bis zehn Tage vor der Menstruation stark absinkt – was die Lust auf kalorienreiche Nahrung steigert. Diese Veränderung der Essgewohnheiten hat zusätzlich direkten Einfluss auf die Verdauung. So werden möglicherweise vermehrt blähende oder das Verdauungssystem belastende Speisen gegessen, was die Symptomatik verstärkt. Um Heißhungerattacken zu vermeiden, sollten die Betroffenen gerade auch in der prämenstruellen Phase besonders auf eine Ernährung mit komplexen Kohlenhydraten achten. Der Konsum von zu viel Zucker, Kaffee und Alkohol ist zu vermeiden. Reichliches Trinken von kohlensäurefreiem Wasser oder Kräutertees ist dagegen sehr wichtig.
Sport und Entspannung
Wie erkläre ich es meinem Kunden?
- „Gerade bei jungen Mädchen kommt es häufiger vor, dass ihnen kurz vor oder mit Einsetzen der Regel übel wird. Wenn die Beschwerden sehr stark sind, können Sie eine Tablette dieses Antihistaminikums einnehmen – beachten Sie aber, dass diese müde machen können.“
- „Wenn Sie regelmäßig mit Einsetzen der Periode Bauchkrämpfe und Durchfall haben, beginnen Sie mit der Einnahme dieses Schmerzmittels sofort bei den ersten Beschwerden. Da es die Bildung der auslösenden Stoffe im Körper unterdrückt, ist es entscheidend, dass Sie es sobald wie möglich einnehmen.“
- „Gegen Ihre akute Verstopfung empfehle ich Ihnen diese Miniklistiere. Wichtig ist auch, dass Sie Ihre Ernährung im Blick behalten, wenn Sie unter prämenstrueller Verstopfung leiden – auch wenn das wegen der hormongeschuldeten Heißhungerattacken schwierig ist. Versuchen Sie, Ihren Blutzuckerspiegel mit kleinen Mahlzeiten stabil zu halten, und trinken Sie genügend.“
Auf Dauer: sanfte Regulation
Frauen, die regelmäßig zyklusabhängige Magen-Darm-Probleme haben, können zusätzliche Tipps aus der Naturheilkunde weiterhelfen. So ist auch die Empfehlung homöopathischer Mittel (z. B. Pascofemin, Agnus Hevert Femin) oder auch pflanzlicher Medikamente mit z. B. Mönchspfeffer (z. B. Agnus castus Stada, Agnucaston) möglich, um das hormonelle Gleichgewicht zu stabilisieren. Ebenso kann der Aufbau des Darmmikrobioms durch probiotische Produkte (z. B. Orthodoc Mucosa Pulver, Symbiolact comp.) erwogen werden. Aus der orthomolekularen Medizin ist an die Supplementierung von Magnesium, Vitamin B1 und B12 (z. B. in Bonasanit plus) zu denken. Auf dem Markt befinden sich außerdem noch Präparate mit Omega-3-Fettsäuren, die die Synthese der Prostaglandine möglicherweise günstig beeinflussen können. •