Wie viele Menschen haben sich tatsächlich mit SARS-CoV-2 infiziert?
Eine Infektion mit SARS-CoV-2 kann auch unbemerkt oder ganz mild verlaufen. Deshalb ist anzunehmen, dass Fälle unentdeckt bleiben. Wie hoch diese Dunkelziffer ist, sollte mit einer repräsentativen Bevölkerungsstudie unter Leitung des Tropeninstituts am Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München ermittelt werden.
Repräsentative Bevölkerungsstudie in München
Die Forscher wollten wissen, wie hoch der Anteil der Münchner Bevölkerung ist, der bereits Antikörper gegen das Coronavirus aufweist. Dazu wurden Blutproben der Studienteilnehmer analysiert. Fast 3.000 Münchner Haushalte beteiligten sich an der Studie. Von insgesamt 5.313 Personen ab 14 Jahren konnten Blutproben gewonnen werden. Die Tests wurden während der ersten Infektionswelle zwischen März und Juni 2020 durchgeführt.
Nur einer von vier Fällen wurde erfasst
Die Auswertung ergab ein interessantes Ergebnis: Bis Juni wiesen 1,8 Prozent der Münchner Bevölkerung Antikörper gegen SARS-CoV-2 auf. Sie hatten sich also bereits mit dem Virus infiziert. Diese Zahl ist mehr als viermal höher als die offiziell registrierte Rate von 0,4 Prozent. Dennoch ist eine 1,8-prozentige Durchseuchung der Bevölkerung absolut betrachtet natürlich niedrig und weit entfernt von einer Herdenimmunität.
Sterblichkeit weit höher als bei der Grippe
Anhand der erhobenen Daten und der offiziellen COVID-19-bezogenen Todesfälle ermittelten die Forscher auch die Infektionssterblichkeit. Es ergab sich eine COVID-19-Mortalität von 0,76 Prozent. Diese Rate liegt um ein Vielfaches höher als die Influenza-Sterblichkeitsrate (0,02 bis 0,08 Prozent). Dies beweist einmal mehr die Bedeutung des neuen Coronavirus.
Quarantäne ergibt Sinn
Die Münchner Antikörper-Studie brachte noch weitere Ergebnisse zutage. So kam es in Haushalten tendenziell zur Infektionshäufung. Die Forscher sehen damit bestätigt, dass Quarantänemaßnahmen für Personen, die mit einem Infizierten im selben Haushalt leben, sinnvoll sind. Faktoren wie Alter und Geschlecht hatten in der Münchner Studienkohorte keinen Einfluss auf das Infektionsrisiko. Sogar Atemwegsallergien erhöhten das Risiko nur geringfügig. Die Studie ist für München repräsentativ. Möglicherweise hat sich SARS-CoV-2 auch in anderen Großstädten in entsprechendem Umfang ausgebreitet. Quellen: Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München; Universität Bonn