Leseprobe PTAheute 10/2021: Apis mellifica in der Homöopathie
Da Samuel Hahnemann davon ausging, dass Ähnliches mit Ähnlichem (similia similibus curentur) geheilt werden müsse, verwendete er gegen eine Krankheit genau jenes Mittel in stark verdünnter Form (Potenzierung), welches exakt diese Symptome bei einem Gesunden ausgelöst hatte. So ist es nicht verwunderlich, dass beispielsweise beim Stich einer Biene ebendiese in homöopathischer Verdünnung zum Einsatz kommt.
Der Bienenstich
Der Stich einer Honigbiene ist meist verbunden mit brennenden, stechenden Schmerzen, welche oft mit einer Schwellung einhergehen. Solche Ödeme entstehen, weil das Bienengift direkt auf das Zellgewebe wirkt. Die Haut im Bereich des Ödems ist daher meist blassrot gefärbt und fühlt sich warm und gespannt an. Angrenzende Gelenke können unter Umständen schlechter bewegt werden und sehr berührungsempfindlich sein. In der Regel bringt die Kühlung des Stiches eine schnelle Erleichterung. Wärme hingegen führt zu einer Verschlechterung der Symptomatik, da das Gewebe im Bereich des Stiches ohnehin meist stark erwärmt ist.
„Das“ Insektenstichmittel
Selbstverständlich können daher – wie bereits beschrieben – auch alle Arten von Insektenstichen, welche mit brennenden Schmerzen und ödematösen Schwellungen einhergehen, sehr gut mit Apis behandelt werden. Seien dies nun Bienen-, Wespen- oder Bremsenstiche – Apis ist das Mittel der Wahl.
Aber Vorsicht, einige Menschen reagieren stark allergisch auf Bienen- und/oder Wespengift! Leichtere Reaktionen wie örtliche Schwellungen und Rötungen können dabei unterstützend oder auch ausschließlich mit Apis behandelt werden. Starke allergische Reaktionen mit Schwellungen der Lider, Bewusstseinsstörungen und Schwellungen der Atemwege müssen dagegen umgehend notärztlich versorgt werden, da sie zu lebensbedrohlichen Zuständen führen können.
Entzündungs- und Schmerzmittel
Apis mellifica kommt ebenfalls bei allen anderen Arten von stechenden oder brennenden Schmerzen und Entzündungen zum Einsatz. Ein typischer „Apis-Ohrenschmerz“ zum Beispiel fühlt sich stechend und wund an, vor allem dann, wenn zeitgleich ein ödematöser Erguss vorliegt. Auch Entzündungen des äußeren Ohrbereiches, der rot und überwärmt erscheint, können gut mit Apis behandelt werden.
Gleichermaßen sind bohrende, pulsierende Kopfschmerzen, die sich bei Druck verschlechtern und bei Bewegung bessern, ein Fall für Apis. Ebenso hilfreich ist das Mittel bei Bläschenbildung oder Aphthen im Mundbereich. Diese kleinen weißlichen Entzündungen der Mundschleimhaut können mitunter äußerst schmerzhaft sein, besonders wenn sie mit Säuren (z. B. aus Früchten) in Kontakt kommen. Gut einsetzbar ist Apis auch bei brennenden Schmerzen beim Wasserlassen, welche nicht selten mit einer Dranginkontinenz vergesellschaftet sind und auf einen beginnenden Harnwegsinfekt hindeuten können.
Atemwegsinfekte und Fieber
Apis eignet sich auch hervorragend bei Halsentzündungen, die häufig mit geröteten Mandeln und geschwollenem Gaumenzäpfchen verbunden sein können. Der Hals fühlt sich trocken, wie zugeschnürt an, obwohl die Kranken meistens wenig Durst haben.
Auch bei tieferen Atemwegsinfekten kann Apis gute Dienste tun. Trockener, schmerzhafter Husten mit Erstickungsgefühl, welcher nicht selten mit einer Kehlkopfentzündung vergesellschaftet ist, kann gut von Apis begleitet werden.
Nicht jede Fieberattacke im Rahmen eines Infektes verläuft gleich. Mancher verspürt Gliederschmerzen und einer fröstelt, während der andere schwitzt. Ein Fieberverlauf, welcher gut auf Apis anspricht, wird als nachmittägliches Frösteln mit großem Durst beschrieben, das sich sowohl durch Bewegung als auch durch Wärme verschlechtert. Das Frösteln wird meist begleitet von einer äußerlichen Hitze, nicht selten sogar von regelrechten Schweißausbrüchen. Solchen Schweißausbrüchen folgt dann sehr oft ein pusteliger Ausschlag. Klingt die Fieberattacke schließlich etwas ab, schlafen die Erkrankten sofort ein.
Für die Augen
Im Bereich der Augen kann Apis bei stechenden Augenschmerzen, welche häufig im Rahmen einer Bindehautentzündung auftreten, hilfreich sein. Solche entzündlichen Geschehen treten nicht selten in Verbindung mit ödematösen Lidschwellungen, geröteten Bindehäuten und starkem Tränenfluss auf. Aber auch Gerstenkörner und Hornhautreizungen können mit Apis kuriert werden.
Hilfe für Magen und Darm
Bei Magenbeschwerden, die sich wie wund anfühlen und manchmal sogar mit Erbrechen einhergehen, kann Apis eingesetzt werden. „Apis-Magen-Patienten“ verspüren zudem oft ein starkes Verlangen nach milchhaltigen Zubereitungen. Im Bereich des Afters werden blutige Analfissuren und Hämorrhoiden, die oft mit stechenden Schmerzen verbunden sind, mit Apis kuriert. Apis kann aber auch bei Verstopfung helfen. Der Stuhlgang solcher Patienten ist dabei meist dunkel und übel riechend, die Entleerung schmerzhaft.
Ein vielseitiges Mittel
„Die ewigen Nörgler“ sind jedem bekannt. Als „nicht mit sich im Reinen“ oder unzufrieden könnte man solche Menschen auch beschreiben. Ihre Stimmungslagen können sowohl von teilnahmsloser Gleichgültigkeit als auch von Eifersuchts- und Wutanfällen geprägt sein. Aber auch Weinerlichkeit, Angst vor dem Sterben und Unkonzentriertheit gehören oft dazu. Nachts werden Betroffene zudem oft von Sorgenträumen und plötzlichem Hochschrecken geplagt. Für sie ist Apis das Mittel der Wahl.
Wie erkläre ich es meinem Kunden?
- „Wenn Sie wissen, dass Sie nicht allergisch auf Wespenstiche reagieren, können Sie im derzeit akuten Zustand stündlich fünf Globuli Apis mellifica D6 einnehmen.“
- „Bei leicht geröteten Mandeln können Sie Ihrer achtjährigen Tochter stündlich sechs Globuli Apis mellifica D6 verabreichen. Bei Verschlechterung oder Fieber suchen Sie bitte einen Arzt auf.“
- „Eine leichte Bindehautreizung mit geschwollenen Lidern können Sie unterstützend gut mit Apis behandeln.“
- „Wenn Sie wegen Ihres Sodbrennens gerne etwas Neues ausprobieren möchten, kann ich Ihnen Apis mellifica empfehlen.“
Bei geschwollenen Beinen
Wie bereits erwähnt, ist Apis ein „Ödemmittel“. Daher ist es nicht verwunderlich, dass es bei Beinschwellungen verschiedenster Genese zum Einsatz kommt. Behandelt werden zum Beispiel Schwellungen von Knie- oder Sprunggelenken, vor allem dann, wenn diese sehr berührungsempfindlich oder sogar mit stechenden Schmerzen verbunden sind. Gelenkschwellungen gehen nicht selten mit einer Reizung der sie umgebenden Gelenkinnenhaut einher, können aber auch isoliert auftreten. Diese sogenannte Synovitis kann ebenfalls sehr gut mit Apis unterstützend behandelt werden. Gleichermaßen ist Apis bei geschwollenen Füßen oder Händen, die sich wie steif, vergrößert oder sogar taub anfühlen, das richtige homöopathische Mittel. Auch bei einschießenden Schmerzen im Wirbelsäulenbereich, die mit einem starken Zerschlagenheitsgefühl einhergehen, kann mit Apis begleitend behandelt werden.
Was bessert, was verschlechtert?
In der Homöopathie sind auch die sogenannten Modalitäten sehr interessant. Darunter versteht man sämtliche Einflüsse, die ein Krankheitsbild bessern oder verschlechtern. Besonders wenn die Beschwerden aufgrund der Symptomatik zu verschiedenen Mitteln passen, können die Modalitäten bei der Mittelauswahl sehr aufschlussreich oder sogar entscheidend sein.
Zur Mittelbeschreibung passende Beschwerden, die sich durch Hitze, Druck oder Berührung verschlechtern und nachmittags oder nach dem Schlafen ausgeprägter sind, jedoch durch kalte Bäder, Umschläge oder an der frischen Luft besser werden, sprechen in der Regel gut auf Apis an.
Dosierung und Anwendung
Eine spezielle Dosierung für Apis gibt es nicht. Diese orientiert sich vielmehr an den allgemeinen Empfehlungen zur Dosierung homöopathischer Einzelmittel. Dabei wird zunächst – nach Art und Schwere der Erkrankung und je nachdem, wie akut diese ist – die richtige Potenz gewählt. Danach richtet sich schließlich die Dosierung. Wenn diese nicht den speziellen Empfehlungen eines Therapeuten folgt, gelten folgende Richtwerte: Für Erwachsene werden bis zu einer Potenz von D10/C10 (Tiefpotenz) bei akuten Beschwerden stündlich je fünf Globuli beziehungsweise Tropfen oder eine Tablette (maximal sechsmal am Tag) verabreicht. Bei Besserung oder chronischem Geschehen beträgt die Dosierung ein- bis dreimal täglich je fünf Globuli oder Tropfen beziehungsweise eine Tablette. Von mittleren Potenzen werden ein- bis zweimal täglich je fünf Globuli oder Tropfen genommen beziehungsweise eine Tablette. Hohe Potenzen (ab D30/C30) sollten in Eigenregie als einmalige Gabe von fünf Globuli oder Tropfen beziehungsweise einer Tablette erfolgen.
Die Dosierung für Kinder wird entsprechend an ihr Alter angepasst. Dabei gilt: Säuglingen wird ein Drittel der Erwachsenendosis verabreicht, Kindern bis sechs Jahren die Hälfte und Kindern zwischen sechs und zwölf Jahren zwei Drittel der Erwachsenendosis.
Das Wichtigste in Kürze
- In der Homöopathie wird Ähnliches mit Ähnlichem geheilt. Apis mellifica kann daher bei allen Arten von Insektenstichen, welche mit brennenden Schmerzen verbunden sind, verwendet werden.
- Apis mellifica wird auch bei entzündlichen Erkrankungen wie Ohrenentzündungen, Halsentzündungen, Harnwegsinfekten oder Aphthen eingesetzt.
- Als „Ödemmittel“ wird Apis auch bei geschwollenen Beinen und Gelenken eingesetzt.