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Bei pharmazeutischen Bedenken – reicht die Sonder-PZN?

Bild: pixelfokus / Adobe Stock

Rabatt-Arzneimittel haben Vorfahrt. Immer – eigentlich. Eine Ausnahme gibt es: Wenn der Arzt den Austausch des verordneten Arzneimittels gegen ein Rabatt-Arzneimittel durch das Aut-idem-Kreuz von vornherein ausschließt. Zusätzlich hat der Gesetzgeber Apotheken eine hübsche Zahl an Sonder-PZN an die Hand gegeben. In begründeten Einzelfällen dürfen Apotheker und PTA auch ohne ärztliches Aut-idem-Kreuz von der Pflicht-Abgabe von – für die Krankenkasse günstigeren – Rabatt-Arzneimitteln abweichen. Ist beispielsweise das Rabattmedikament nicht lieferbar, benötigt der Patient das Arzneimittel sofort oder bei pharmazeutischen Bedenken.

Was sind triftige Gründe für pharmazeutische Bedenken?

„Kritisch“ ist das Schlüsselwort, wollen Apotheker oder PTA pharmazeutische Bedenken geltend machen; kritisch muss es sein – in irgendeiner Form. Also der Arzneistoff, die Darreichungsform, das Therapiegebiet oder der Patient. Beispiele für kritische Arzneistoffe sind solche mit einer geringen therapeutischen Breite, wie beispielsweise Theophyllin. Die Darreichungsform kann ebenfalls Anlass zu Bedenken geben: So sind manche Patienten aufgrund von Schluckbeschwerden beispielsweise auf lösliche Arzneiformen angewiesen, realisiert zum Beispiel als Zerfalltablette wie bei Madopar LT. In anderen Fällen wiederum kann es sein, dass der Patient seine verordnete Arzneistoffdosis nur durch das Teilen von Tabletten erreicht – und das Rabatt-Arzneimittel hat keine Bruchkerbe oder diese dient rein dem „Schmuck“. Kritische Therapiegebiete können unter anderem neurologische Erkrankungen wie Parkinson oder Multiple Sklerose sein. Auch psychische Erkrankungen rechtfertigen teilweise, dass Patienten nur ein bestimmtes, ihnen vielleicht vertrautes, Arzneimittel bekommen sollten. Kritische Patientengruppen können Demenzkranke sein oder Patienten mit einer Multimedikation.

Gründe für pharmazeutische Bedenken

  • Wirkstoff mit geringer therapeutischer Breite
  • Gefährdung einer gut eingestellten, komplexen Therapie
  • problematische Applikationsform, sichere Anwendung nicht gewährleistet
  • Patient ist multimorbide
  • Patient leidet unter Schluckbeschwerden
  • hohe Gefahr für Einnahmefehler/Verwechslungen
  • Gefährdung des Therapieerfolgs durch Non-Compliance

Quelle: Deutsches Apotheken Portal, DAP 

Bei Bedenken: Arzneimittel DARF nicht abgegeben werden

Sorgen sich PTA und Apotheker also derart begründet um den Erfolg einer Arzneimitteltherapie, haben sie mit der Sonder-PZN 02567024 und dem Faktor 6 die Möglichkeit, ihre pharmazeutischen Bedenken gegenüber der Krankenkasse und die daraus folgende Abweichung von Rabatt-Arzneimitteln zu rechtfertigen. Wichtig ist allerdings:  Die Apotheke sollte zuvor versuchen, durch Beratung des Patienten die Bedenken auszuräumen. Gelingt dies nicht, muss das Arzneimittel nicht nur, sondern es darf gar nicht abgegeben werden. Das regelt die Apothekenbetriebsordnung. In diesem Abschnitt der Apothekenbetriebsordnung steht allerdings im gleichen Satz auch: „Der Apotheker hat jede Änderung auf der Verschreibung zu vermerken und zu unterschreiben.“

Pharmazeutische Bedenken ausführlich begründen

Somit reicht der alleinige Aufdruck der Sonder-PZN nicht. Aufatmen können PTA und Apotheker dennoch ein wenig: Denn vergisst die Apotheke die handschriftliche Begründung, gilt dies – laut dem zwischen Krankenkassen und Apothekerverband abgeschlossenen Rahmenvertrag – als banaler Formfehler, der weder die Arzneimitteltherapiesicherheit des Patienten gefährdet noch wirtschaftliche Konsequenzen für die Krankenkasse nach sich zieht. Heißt: Keine Retaxation!

Gleiches gilt für den umgekehrten Fall, wenn PTA und Apotheker zwar ihre pharmazeutischen Bedenken handschriftlich begründen, aber das Sonderkennzeichen im Rezeptdruck vergessen: Keine Retaxation! Diese erweiterte Kompetenz sollten Apotheker und PTA nun allerdings nicht als Freifahrschein auffassen und grundsätzlich pharmazeutische Bedenken unbegründet lassen.  Die Apothekenbetriebsordnung schreibt die Begründung mit Unterschrift vor, nur retaxiert werden darf es nicht.

Pharmazeutische Bedenken sind seit Inkrafttreten der Substitutionsausschlussliste seltener geworden. Denn die Klassiker für kritische Arzneimittel und Therapiegebiete – unter anderem Schilddrüsenpräparate, Herzglykoside, Antiepileptika wie Carbamezepin, Opioide wie Oxycodon – schützt diese Substitutionsausschlussliste mittlerweile ohnehin von der Rabatt-Arzneimittel-Austauschschlacht. Die Apotheken-Software ist hier in der Tat eine tüchtige Unterstützung – und weist bei Abgabe eines Wirkstoffes auf seine Nichtaustauschbarkeit hin.