Neuer Therapieansatz für Broken-Heart-Syndrom / Takotsubo-Syndrom (TTS) : Was ist ein „gebrochenes Herz“?
Starke Brustschmerzen mit Ausstrahlung in die Arme und massive Atemnot – wer würde bei solchen Symptomen nicht gleich an einen Herzinfarkt denken. Doch etwa zwei Prozent der Menschen, die mit Herzinfarkt-Verdacht ins Krankenhaus kommen, leiden am „Syndrom des gebrochenen Herzens“.
Die Symptome sind dramatisch und gleichen tatsächlich einem Herzinfarkt. Selbst für den Notarzt ist die Unterscheidung schwierig. Nur eine Herzkatheteruntersuchung erlaubt die korrekte Diagnose. So sind beim Broken-Heart-Syndrom im Gegensatz zum Herzinfarkt die Herzkranzgefäße nicht verengt oder verstopft, sondern offen.
Plötzliche Pumpstörung
Beim „Syndrom des gebrochenen Herzens“ handelt es sich um eine akute Funktionsstörung des Herzmuskels. Sie ist erst seit rund 30 Jahren bekannt und wird auch „Takotsubo-Kardiomyopathie“ oder „Takotsubo-Syndrom“ (TTS) genannt.
Der Name „Takotsubo“ bezeichnet eine traditionelle japanische Tintenfischfalle – ein Tongefäß mit engem Hals und bauchigem Körper. Ähnlich sieht die linke Herzkammer während der akuten Krankheitsphase aus. Der Grund: Es kontrahieren nur noch bestimmte Areale des Herzmuskels, während die anderen bewegungslos bleiben. Dadurch wird zu wenig Blut ausgeworfen.
Starke Emotionen oder körperliche Belastungen als Auslöser
Ein „gebrochenes Herz“ tritt meist ganz plötzlich nach emotional besonders belastenden Ereignissen auf. Das kann zum Beispiel der Verlust eines geliebten Menschen sein oder ein heftiger Streit. Doch auch extrem freudvolle Ereignisse wie eine Hochzeit oder ein Lottogewinn sind mögliche Auslöser.
Neben seelischen können auch körperliche Belastungssituationen das Syndrom verursachen, etwa eine Operation, ein Sturz oder ein Schlaganfall. Mehrheitlich (zu circa 90 Prozent) trifft ein Broken-Heart-Syndrom Frauen nach den Wechseljahren. Allerdings erleiden betroffene Männer oft einen schwereren Verlauf als Frauen.
Einige Todesfälle
Beim Broken-Heart-Syndrom ist die Pumpfunktion des Herzens wie beim Herzinfarkt gravierend gestört. Deshalb können ebenfalls lebensbedrohliche Komplikationen eintreten. Vier bis fünf Prozent der Betroffenen versterben sogar. Die Patienten werden deshalb auf der Intensivstation überwacht.
Bei den meisten erholt sich die Pumpfunktion nach einigen Wochen wieder. Es kann aber zu Organschädigungen kommen. Oft werden zur Sekundärprävention Betablocker verordnet. Sinnvoll für die Prävention sind zudem Entspannungstechniken für den Stressabbau, etwa Meditation, progressive Muskelrelaxation oder Atemtherapie.
Erhöhtes Niveau an Stresshormonen
Schon bisher vermutete man, dass eine spontan erhöhte Konzentration an Stresshormonen der Auslöser des Broken-Heart-Syndroms sein könnte. Nun gelang es Wissenschaftlern der Universität Heidelberg und vom Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK), in Experimenten mit Mäusen die zugrunde liegenden Mechanismen aufzudecken.
Demnach kurbelt das Stresshormon Adrenalin in hohen Dosen Entzündungsreaktionen an. Hierbei wird insbesondere die Calcineurin-abhängige Signalkaskade aktiviert. Dies beeinträchtigt die Herzfunktion. Dieselbe Adrenalin-Dosis schädigte übrigens bei männlichen Mäusen das Herz stärker als bei den weiblichen Tieren.
Die Forscher entwickelten auf Basis ihrer Erkenntnisse auch einen experimentellen Therapieansatz: Die beiden Immunsuppressiva Ciclosporin und Tacrolimus hemmen Calcineurin. Bei den betroffenen Mäusen verbesserten diese Substanzen die Herzfunktion. Nun soll in einer klinischen Studie geprüft werden, ob der Einsatz von Ciclosporin auch beim Menschen eine Therapiemöglichkeit gegen das Broken-Heart-Syndrom sein könnte.Quellen: Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V.; Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung e.V.; Deutsche Herzstiftung e.V.; Medizinische Hochschule Hannover; Universitäts-Spital Zürich; Julius-Maximilians-Universität Würzburg; Universitätsklinikum Heidelberg
Das Broken-Heart-Syndrom in Kürze
- „Syndrom des gebrochenen Herzens“, von japanischen Wissenschaftlern 1990 beschrieben („Takotsubo-Kardiomyopathie“).
- Akute Pumpschwäche des Herzens; betrifft etwa zwei Prozent aller vermeintlichen Herzinfarkt-Patienten.
- Symptomatik wie beim Herzinfarkt: Brustschmerz, Atemnot.
- Diagnostischer Unterschied zum Herzinfarkt: Herzkranzgefäße offen.
- Auslöser: starke emotionale oder körperliche Belastung.
- Überwiegend Frauen nach der Menopause betroffen.
- Behandlungsmöglichkeiten: intensivmedizinische Versorgung, anschließend Betablocker; mögliche Wirksamkeit von Immunsuppressiva soll in Studien geprüft werden.