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Dermatika: Worauf ist bei der Anwendung zu achten?

Frau cremt sich Hände ein
Creme ist nicht gleich Creme. Was gibt es bei der Anwendung zu beachten? | Bild: StudioLaMagica / AdobeStock

Mit einer Fläche von rund zwei Quadratmetern stellt die Haut das größte Organ des Menschen dar. Sie kann in drei verschiedene Gewebeschichten eingeteilt werden:  

  • Oberhaut (Epidermis),
  • Lederhaut (Dermis),
  • Unterhautfettgewebe (Subkutis).
Aufbau der Epidermis | Bild: bilderzwerg / AdobeStock

In der untersten Schicht der Epidermis, im sogenannten Stratum basale, findet ständig eine Neubildung von Hautzellen statt. Diese wandern zur Hautoberfläche und bilden dort die Hornschicht (Stratum corneum). 

Die Hornschicht ist von einem dünnen Flüssigkeitsfilm überzogen, der aus einer Emulsion von hydrophilen und lipophilen Substanzen besteht. Zur wasserlöslichen Komponente gehören unter anderem organische Säuren wie Milchsäure und Aminosäuren. Diese stellen den pH-Wert der Haut auf leicht saure Werte zwischen 4,5 und 5,5 ein. 

Durch Kontakt mit der Lederhaut wird die nicht durchblutete Epidermis mit Nährstoffen versorgt. Das darunter liegende Unterhautfettgewebe besteht überwiegend aus Bindegewebe mit eingelagerten Fettzellen.

Wie gelangen Substanzen in die Haut?

Damit ein Stoff in der Haut eine lokale Wirkung hervorrufen kann, muss er in die Haut eindringen und – je nach gewünschtem Effekt – auch durch sie hindurch diffundieren. Die Epidermis stellt jedoch gegenüber den meisten dermal aufgetragenen Substanzen eine Barrierefunktion dar. Vor allem die Hornschicht bildet dabei ein Hindernis. 

Aufgrund des äußerst geringen Wassergehalts der Hornschicht von 5 bis 10 % ist das Eindringen von Wirkstoffen und eine nachfolgende Diffusion häufig schwierig. Durch eine verstärkte Hydratisierung kann die Diffusion allerdings deutlich verbessert werden. 

Eine Erhöhung des Wassergehalts der Hornschicht lässt sich unter anderem durch Okklusion erreichen. Darunter versteht man eine mechanische Behinderung der Wasserdampfabgabe. Solche Bedingungen können durch Auflegen einer wasserundurchlässigen Folie oder durch Auftragen lipophiler Substanzen wie Vaseline oder fette Öle erreicht werden.

Enhancer: Hilfsstoffe für ein besseres Eindringen

Das Eindringen in tiefere Hautschichten kann auch durch Zusatz verschiedener Hilfsstoffe verbessert werden. Diese als Enhancer bezeichneten Substanzen, wie Dimethylsulfoxid, Propylenglycol, Tenside oder Harnstoff, verändern die Barrierestruktur der Hornschicht und können dadurch ihre Durchlässigkeit steigern.

Wirkstoffaufnahme von Hautstelle abhängig

Auch bei geschädigter Haut, bei der die Hornschicht abgeschürft oder verbrannt ist, ist die Diffusion der meisten Stoffe deutlich erhöht. Ebenso spielt das Hautareal, auf dem eine dermale Zubereitung aufgetragen wird, bei der Aufnahme von Substanzen eine wichtige Rolle. 

Behaarte Körperstellen oder der Bereich um die Stirn zeigen eine relativ hohe Aufnahmefähigkeit, am Unterarm und Rücken ist diese schon wesentlich niedriger. Wegen der relativ dicken Hornschicht findet an Handinnenflächen und Fußsohlen kaum eine Aufnahme von Stoffen statt. 

Was ist bei der Anwendung von Dermatika zu beachten?

Anwender von Dermatika sollten zunächst einmal wissen, dass vor und einige Zeit nach der Applikation wirkstoffhaltiger Dermatika keine weiteren Zubereitungen auf die betreffenden Hautstellen aufgetragen werden dürfen. Diese Regel gilt sowohl für Kosmetika als auch für andere Arzneimittel. 

Beim gleichzeitigen Auftragen verschiedener halbfester Zubereitungen kann es nämlich zu Inkompatibilitäten einzelner Inhaltsstoffe kommen. So können kationische Wirkstoffe (z. B. Octenidindihydrochlorid und Chlorhexidindigluconat) durch anionische Emulgatoren aus einer kosmetischen Zubereitung inaktiviert werden. Bei einer Erythromycin-haltigen Creme kann es hingegen beim zeitnahen Auftragen einer Zubereitung mit Salicylsäure zu einer Unverträglichkeit aufgrund unterschiedlicher pH-Optima kommen. 

Auch kann durch gleichzeitiges Auftragen zweier dermaler Zubereitungen die Aufnahmefähigkeit der Haut für einen Arzneistoff beeinflusst werden. Wie zuvor beschrieben verändert z. B. Harnstoff, der meist in Konzentrationen zwischen 5 und 10 % auch in Körperpflegeprodukten vorkommt, die Barrierefunktion der Hornschicht und führt damit zu einer verstärkten Durchlässigkeit für andere Substanzen. 

Okklusion nur auf ärztliche Anweisung

Ohne spezielle Anweisung des Arztes dürfen Hautstellen nach dem Auftragen eines Dermatikums nicht mit wasserdampfundurchlässigen Materialien abgedeckt werden. Durch die entstehende Okklusion können Wirkstoffe besser in die Haut eindringen bzw. diffundieren und es kann zu einer deutlich erhöhten Aufnahme kommen. 

Bei kühlenden, entzündungshemmenden Zubereitungen kann es durch den entstehenden Wärmestau zudem zu einer hyperämisierenden und damit entzündungsfördernden Wirkung kommen. 

Wie lange bleiben Dermatika auf der Haut?

Eine einmal auf die Haut aufgetragene Zubereitung bleibt in der Regel auch dort. Normalerweise werden nach dem Auftragen einer wirkstoffhaltigen Zubereitung nur die Hände gewaschen. 

Gut zu wissen: Bei Diclofenac-Gel Hände zuerst abwischen

Der Wirkstoff Diclofenac gilt als umweltschädlich. Werden nach dermaler Anwendung einer Diclofenac-Zubereitung die Hände gewaschen, gelangt der Wirkstoff jedoch verstärkt ins Abwasser. Aus diesem Grund sollen nach der Applikation entsprechender Schmerzgele zunächst die Hände mit einem Papiertuch abgewischt werden. Das Tuch ist dann über den Restmüll zu entsorgen. Erst anschließend können die Hände mit Wasser abgewaschen werden.

Einige halbfeste Dermatika verbleiben allerdings nur eine genau festgelegte Zeit auf der Haut und müssen dann wieder entfernt werden. Diese Vorgehensweise spielt hauptsächlich bei der Behandlung von Psoriasis mit abwaschbaren Dithranol-Salben eine Rolle. 

Dabei wird die Zubereitung dünn und gleichmäßig auf die erkrankte Haut aufgetragen. Nach einer Einwirkzeit von meist zwischen 10 und 30 Minuten wird die Salbe unter reichlich fließendem warmem Wasser wieder abgewaschen. Seife sollte dabei nicht zum Einsatz kommen. 

Bei der Abgabe entsprechender Zubereitungen muss sichergestellt werden, dass das Therapieschema vom Kunden verstanden wurde. Ansonsten wird das praktische Vorgehen genau erklärt. 

Müssen Dermatika kühl gelagert werden?

Gerade in den warmen Sommermonaten neigen Kunden dazu, halbfeste Zubereitungen im Kühlschrank aufzubewahren. Sie möchten dadurch den Kühleffekt beim Auftragen auf die Haut erhöhen und gehen zudem von idealen Lagerbedingungen aus. 

Zwar nehmen bei niedriger Temperatur die Wachstumsgeschwindigkeit von Mikroorganismen und die Reaktionsgeschwindigkeit möglicher Zersetzungsreaktionen ab, doch gibt es keine grundsätzliche Empfehlung, Dermatika im Kühlschrank aufzubewahren. 

Das liegt zum einen daran, dass die Sättigungskonzentration einiger Konservierungsstoffe bei niedrigen Temperaturen unterschritten wird. Die Substanzen können daraufhin ausfallen und damit unwirksam werden. Weiterhin kann durch entstehendes Kondenswasser das Wachstum von Keimen sogar gefördert werden. 

Dermatika sollten daher nur dann im Kühlschrank aufbewahrt werden, wenn dieser Lagerungshinweis auch auf dem Etikett der Zubereitung steht. Dies betrifft vor allem wasserhaltige, unkonservierte Dermatika und chemisch-physikalisch instabile Zubereitungen. 

Gut zu wissen: Gefrierfach – auf keinen Fall

Halbfeste Zubereitungen sind frostempfindlich und dürfen daher keinesfalls bei Temperaturen unter 0 °C gelagert werden. 

Im Gefrierfach kann es zu einer irreversiblen Auskristallisation von Wirk- oder Hilfsstoffen kommen. Ebenso verändert sich die Viskosität der Zubereitung und es kann eine Phasentrennung auftreten.

Systemische Aufnahme des Wirkstoffs

Die meisten Dermatika üben auf der Haut eine lokale Wirkung aus. Es gibt aber auch einige Zubereitungen, bei denen der Arzneistoff durch die Haut in die Blutbahn gelangt und es damit zu einer systemischen Wirkung kommt. 

Bekannt hierfür sind alkoholhaltige Hydrogele, welche Hormone wie Estradiol, Progesteron und Testosteron enthalten. Solche Zubereitungen müssen in einer genau vorgeschriebenen Menge auf eine annähernd definierte Hautfläche appliziert werden. Das Gel wird dazu in dünner Schicht auf trockener Haut aufgetragen, ein Einmassieren der Zubereitung ist nicht nötig. 

Nach dem Auftragen sind die Hände gründlich zu waschen. Dieser Schritt ist bei hormonhaltigen Cremes besonders wichtig, denn hier besteht grundsätzlich das Risiko einer Übertragung auf andere Haushaltsangehörige. Dies kann besonders für Kinder klinische Konsequenzen haben. Quellen:
Kirchner W.: Arzneiformen richtig anwenden, Deutscher Apotheker Verlage, 4. Auflage, Stuttgart 2016.
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2022/06/28/topische-hormontherapien-ein-risiko-fuer-kinder-und-haustiere
 

Vorsichtsmaßnahmen bei topischer Hormontherapie

  • Um eine Übertragung der Zubereitung auf andere Personen zu verhindern, sollten die Hände nach der Applikation gründlich mit Wasser und Seife gewaschen werden. 
  • Die behandelte Hautfläche sollte nach dem Trocknen des Gels mit Kleidung bedeckt sein. Ist ein enger Hautkontakt zu erwarten, sollte die Anwendungsfläche vorher mit Wasser gewaschen werden. 
  • Kam es zu einem unbeabsichtigten Kontakt mit der hormonhaltigen Zubereitung, sollte die Hautfläche sofort mit Wasser und Seife gereinigt werden.
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